Trends der Fußball-WM: Von Traumtoren und Alpträumen

Große Überraschungen, spannende Spiele, bittere Abschiede: Die Fußball-WM in Australien und Neuseeland bot in der Gruppenphase viel Spektakel – auch abseits der Vorrundenpleite des deutschen Teams. Wer und was auffiel, ein Überblick:

Neue Stars

Die WM dient auch diesmal als große Bühne – und etliche Jungstars fühlen sich darauf äußerst wohl. Spielerinnen wie Englands Lauren James (21), die Niederländerin Esmee Brugts (20), Sophia Smith aus den USA (22), Haitis Melchie Dumornay (19) oder Kolumbiens Wunderkind Linda Caicedo (18) fallen mit ihrer Technik und teils spektakulären Toren besonders auf. Auch die Führende der Torschützenliste, Japans Hinata Miyazawa (24), die in der Vorrunde wie Alexandra Popp viermal traf, überzeugt bei ihrem WM-Debüt. Die Südkoreanerin Casey Phair wurde im Spiel gegen Kolumbien (0:2) mit nur 16 Jahren und 26 Tagen zur jüngsten Spielerin der WM-Geschichte.

Alte Stars

Tragisch war der Abgang von Brasiliens Ikone Marta, für die das Turnier bereits nach der Vorrunde endete. Sie bewies großen Sportsgeist, gratulierte dem gegnerischen Nationaltrainer Lorne Donaldson und Top-Spielerin Khadija Shaw zum Achtelfinal-Einzug Jamaikas. Die 37-Jährige hatte im brasilianischen Team nur noch eine Nebenrolle gespielt, auch Kanadas Altstar Christine Sinclair (40) oder die US-Ikonen Megan Rapinoe (38) und Alex Morgan (34) prägten das Spiel nicht mehr wie in vergangenen Tagen.

Mit Köpfchen

Immerhin 27 der insgesamt 126 in der Vorrunde erzielten Tore wurden per Kopf erzielt. Die 1,78 Meter große Schwedin Amanda Ilestedt und Popp (1,74 Meter) nutzten ihre Größenvorteile mit je drei Kopfballtoren konsequent aus. Vom Elfmeterpunkt fanden 17 (von 22) Strafstößen den Weg hinter die Linie. Historisches schaffte Sambias Barbra Banda: Ihr verwandelter Elfmeter gegen Costa Rica war das 1000. WM-Tor. Den vielleicht schönsten von zahlreichen starken Treffern erzielte Irlands Kapitänin Katie McCabe nach einem Eckball.

Die Kleinen

Ralf Kellermann hatte recht. «Es gibt keine Kleinen mehr», sagte der 54 Jahre alte Direktor des VfL Wolfsburg im ZDF. Die Aufstockung auf 32 Teams hat nicht zu einem Leistungsabfall in der Breite geführt. Im Gegenteil: Außenseiter wie Nigeria, Jamaika, Südafrika oder Marokko stehen im Achtelfinale. Defensiv arbeiten können inzwischen fast alle Teams, die Torhüterinnen halten oft stark. Extreme Ergebnisse wie das 7:0 der Niederländerinnen gegen Vietnam, Deutschlands (wertloses) 6:0 gegen Marokko oder Norwegens 6:0 gegen die Philippinen sind eher Ausnahme denn Regel.

Die Großen

Die deutsche Auswahl, die den WM-Titel als Ziel ausgegeben hatte, landete hart in der Realität. Doch auch andere Größen wie Brasilien, Olympiasieger Kanada sowie China, Vize-Weltmeister von 1999, scheiterten früh. Rekordweltmeister USA musste ebenso hart ums Weiterkommen kämpfen wie Norwegen, Weltmeister von 1995. Die volle Punktzahl erspielten in der Vorrunde nur England, Schweden und Japan. Die Asiatinnen, 2011 in Deutschland Weltmeister, gewannen gegen Mitfavorit Spanien mit 4:0.

Transparenz

Kaum Sorgen bereitet der Videobeweis – vielleicht auch, weil die Schiedsrichterinnen bei der WM ihre Entscheidungen dem ganzen Stadion über die Lautsprecher erklären müssen. Ein guter Service für die Fans vor Ort, die nur einmal irritiert waren: Bei Spaniens 5:0 gegen Sambia hatte Schiedsrichterin Oh Hyeon-jeong das 4:0 zunächst nicht gegeben. «Kein Tor, kein Abseits», verkündete sie bei ihrer mit Hilfe des Videobeweises getroffenen Entscheidung, um sich dann gleich zu korrigieren: «Nein, nein, nein! Kein Abseits. Endgültige Entscheidung: Tor, Tor!»

David Joram, dpa