Triple-Champion Gündogan macht DFB-Team Mut

Beim leichten Aufwärmtraining lief Ilkay Gündogan vorneweg. Als Bundestrainer Hansi Flick mit seiner Trillerpfeife das Signal für eine kurze Unterbrechung gab, jonglierte der Triple-Champion den Ball und drosch ihn dann auf das 20 Meter entfernte Tor. Dass dieser Schuss im sonnigen Frankfurt/Main drüber ging – geschenkt. 

Der Kapitän von Manchester City bringt für den Stimmungstest am Dienstag (20.45 Uhr/RTL) gegen Kolumbien in seiner Geburtsstadt Gelsenkirchen das mit, was der wankenden DFB-Auswahl gerade so sehr fehlt: Er gewinnt ständig. «Ich glaube, dass ich aufgrund der letzten Wochen viel positive Energie einbringen kann und auch eine gewisse Ruhe», sagte der 32-Jährige am Montag während der DFB-Pressekonferenz in Frankfurt/Main. Wegen der verdienten Auszeit nach dem Champions-League-Triumph mit den Cityzens hatte Gündogan bei den ernüchternden Auftritten gegen die Ukraine (3:3) und in Polen (0:1) gefehlt.

In der Schalker Arena werde der Mittelfeldlenker in jedem Fall spielen, hatte Flick frühzeitig angekündigt. Somit schließt sich am Ende dieser für ihn so erfolgreichen Saison in gewisser Weise ein Karrierekreis für Gündogan. Für den SV Gelsenkirchen-Hessler war er schon als Dreijähriger «jedem Ball hinterhergerannt», erzählte Gündogan. Dass der Weg von der «Pampers-Liga» mitten im Ruhrgebiet auf die größtmögliche aller Fußballbühnen führen sollte, war vor knapp drei Jahrzehnten kaum abzusehen.

«Ich habe den Menschen dort viel zu verdanken», sagte Gündogan. Deshalb hatte er seinem alten Verein ein «kleines Public Viewing» zum Finale der Champions League spendiert. Als Kapitän der Starauswahl von Trainer Pep Guardiola hatte Gündogan vor dem 1:0 gegen Inter Mailand auch die englische Meisterschaft sowie den FA Cup gewonnen. Das englische Pokalfinale entschied der Nationalspieler beim 2:1 gegen Stadtrivale Manchester United mit zwei Toren.

Flick lobt Gündogan

«Er ist einer, der in jeder Mannschaft spielen kann», lobte Flick. «Ein Spieler, der eine hohe Qualität hat, ein sehr intelligenter Spieler und einer, der – für mich persönlich wichtig – ein feiner Mensch ist.» Sportdirektor Rudi Völler versicherte: «Wir sind froh, dass wir ihn haben.»

Zum unumstrittenen Leistungsträger ist Gündogan in der DFB-Auswahl – anders als im Verein – bislang nicht aufgestiegen. An der Wertschätzung innerhalb der Mannschaft liegt das nicht. Gündogan sei ein Spieler, der «jeder Mannschaft absolut weiterhilft und dementsprechend auch uns», sagte Robin Gosens. Der Man-City-Kapitän könne ein «riesengroßer Mehrwert als Leader» sein, als «sehr erfahrener Spieler, als Spieler, der einiges gewonnen hat in seiner Karriere, und als Spieler, der auch schon mit Niederlagen umgehen musste».

Öffentlich einfordern wird der frühere Dortmunder Bundesligaspieler diesen Leader-Status nicht. «Ich kenne meine Stärken, mache kein großes Tamtam daraus», sagte Gündogan. «Ich weiß, was ich kann.» Im Mittelpunkt müsse er nicht stehen, die «Anerkennung von draußen» brauche er nicht so sehr.

Warum das so ist, zeigt auch der Blick auf die Clubs, die den 32-Jährigen verpflichten wollen. Sein Vertrag in Manchester läuft Ende Juni aus. Er ist damit ablösefrei und kann sich den neuen Arbeitgeber auswählen. Guardiola würde Gündogan wohl gerne behalten, aber auch der FC Barcelona soll stark interessiert sein. Einen neuen Stand gebe es nicht, sagte der Umworbene. Zum BVB werde er allerdings nicht zurückkehren, trotz tiefer Verbundenheit mit dem Club. Ein Wechsel in die Bundesliga sei in seiner aktuellen Karrierephase kein Thema.

Jan Mies und Klaus Bergmann, dpa