Trotz WM-Debakel: Voss-Tecklenburg bleibt Bundestrainerin

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg will die Scherben, die das historische Vorrunden-Aus der deutschen Fußballerinnen bei der Weltmeisterschaft in Australien hinterlassen hat, selbst mit zusammenkehren.

«Ich bin noch nie weggelaufen, wenn es schwierig wird. Deshalb habe ich weiter den festen Willen, mit allen Beteiligten die nächsten Schritte im deutschen Frauenfußball zu gehen», sagte die 55-Jährige bei der DFB-Abschlusspressekonferenz in Wyong.

Voss-Tecklenburg beendete damit zwei Tage nach dem 1:1 gegen Südkorea Spekulationen um einen möglichen Rücktritt. Wie Hansi Flick bei den Männern nach dem Katar-Desaster macht auch die Frauen-Trainerin weiter. Zuvor hatte bereits DFB-Präsident Bernd Neuendorf Voss-Tecklenburg das Vertrauen ausgesprochen («Ich bin von ihr überzeugt») und auf den erst vor wenigen Monaten verlängerten Vertrag bis 2025 verwiesen. «Ich bleibe hartnäckig und ich bleibe stark», hatte Voss-Tecklenburg zunächst etwas nebulös auf die Frage nach ihrer persönlichen Zukunft geantwortet.

Kritische Fragen bei Abschlusspressekonferenz

Bei der fast einstündigen Medienrunde mussten die Trainerin und DFB-Manager Joti Chatzialexiou vor ihrer Abreise viele kritische Fragen beantworten. Dabei wehrten sich Voss-Tecklenburg und der Leiter Nationalmannschaften beim krisengebeutelten Verband gegen einen Bericht, wonach es Risse zwischen den Spielerinnen und dem Trainerteam gibt. «Aus dem Mannschaftskreis wurde das uns gegenüber nicht so vermittelt», sagte Chatzialexiou.

Der 47-Jährige räumte ein, dass man wegen dieses Vorwurfs «direkt den Spielerrat zusammengerufen» habe und kündigte an: «Wir werden uns mit mehreren Spielerinnen noch mal im Eins zu Eins austauschen.» Die «Bild» hatte berichtet, dass große Teile des WM-Kaders mit Voss-Tecklenburg und ihren Co-Trainern nicht zufrieden seien.

«Wir haben das in den letzten zwei, zweieinhalb Jahren nicht so erlebt», sagte die Bundestrainerin und erklärte ausführlich, wie gerade Führungsspielerinnen in die Prozesse rund um das Nationalteam eingebunden würden. «Wenn wir Risse vorher erlebt hätten (…), dann hätte man sich dem gestellt.»

Voss-Tecklenburg will nun das Turnier «sauber aufarbeiten». Nach Angaben Chatzialexious werde man allen Verantwortlichen nach der Heimkehr ein paar Tage Zeit geben, in Deutschland runterzukommen und in dann auf dem DFB-Campus in Frankfurt die Analyse vornehmen. Dies soll nach dpa-Informationen in den nächsten zwei Wochen geschehen. «Das tun wir leidenschaftlich, das tun wir intensiv», sagte Voss-Tecklenburg und versicherte: «Wir sind weit weg davon zu sagen: weiter so.»

Olympia-Qualifikation für Paris steht an

Die Zeit drängt ohnehin, es geht um die so wichtige Olympia-Qualifikation für Paris 2024: Am 22. September steht das erste Nations-League-Spiel in Dänemark an, am 26. September treffen die Vize-Europameisterinnen in Bochum auf Island. Weiterer Gegner ist Wales. Nur zwei europäische Teams erhalten das Ticket für die Sommerspiele. 2016 in Rio de Janeiro hatten die deutschen Frauen mit Trainerin Silvia Neid Gold geholt, mit dem Viertelfinal-Aus 2019 bei der WM in Frankreich unter Voss-Tecklenburg aber die Spiele in Tokio verpasst.

Kurz vor dem Abflug mussten die Bundestrainerin und Chatzialexiou noch einmal die Entscheidung für das abgelegene WM-Quartier in Wyong rechtfertigen. «Vielleicht hat der Ort den kleinen Nachteil, dass man hier kein Café, keine Eisdiele oder sonst was hat, und man vielleicht auch mal noch rausgehen kann», sagte der DFB-Manager. «Aber grundsätzlich sollte das keine Ausrede für das Ausscheiden sein.»

Aufzuarbeiten haben wird der DFB noch seine Zerwürfnisse mit dem FC Bayern. Der deutsche Meister hatte seine Fußballerinnen fünf Tage später zur ersten WM-Vorbereitung nach Herzogenaurach gelassen als die anderen Spielerinnen, was beim Verband für Riesenärger gesorgt hatte. Chatzialexiou sprach damals sogar von einem «Wortbruch» der Münchner und sagte nun: «Natürlich hat es auch Einfluss gehabt auf unsere Vorbereitung.»

Der Leiter Nationalmannschaften beim DFB richtete am Samstag noch einen Appell an die Bundesliga-Vereine: «Ein vertrautes Miteinander ist sehr, sehr entscheidend. Wir müssen in Zukunft Hand in Hand arbeiten, weil es sonst keinen Erfolg für die Nationalmannschaft gibt.»

Von Ulrike John, dpa