Ukraine-Krise belastet auch den Sport – «Heikle Situation»

Die dramatische Zuspitzung im Russland-Ukraine- Konflikt trifft auch den Sport und hat bei Verbänden und Vereinen besorgte Reaktionen ausgelöst.

Schon am Tag nach der Anerkennung der ostukrainischen Separatistengebiete durch Russland wurden Forderungen nach einer Verlegung des Champions-League-Finales (28. Mai) aus der russischen Millionenmetropole St. Petersburg laut. Auch in der Ukraine stehen Wettbewerbe auf der Kippe, Handballspiele wurden schon ins Ausland verlegt.

«Die UEFA muss jetzt handeln»

Die Europäische Fußball-Union sollte Russland das Champions-League-Finale entziehen und die Kooperation mit Hauptsponsor Gazprom beenden. Dies forderten Mitglieder des Europaparlaments in Straßburg in einem am Dienstag veröffentlichten Offenen Brief an die UEFA und ihren Präsidenten Aleksander Ceferin. Die Zeiten, in denen man die Situation nur kontinuierlich beobachte, seien vorbei. «Die UEFA muss jetzt handeln», wird in dem Schreiben gefordert.

Auch der britische Premier Boris Johnson forderte die UEFA zur Verlegung des Finales auf. «Keine Chance, Fußballturniere in einem Russland abzuhalten, das in souveräne Staaten einmarschiert», sagte Johnson im Parlament in London. «In diesem kritischen Moment ist es absolut entscheidend, dass Präsident (Wladimir) Putin versteht, dass das, was er tut, eine Katastrophe für Russland bedeutet.» Außenpolitiker Tom Tugendhat schlug ebenfalls scharfe Töne an. «Das ist eine beschämende Entscheidung. Die UEFA sollte einer gewalttätigen Diktatur nicht Deckung bieten», twitterte der konservative Politiker zum Festhalten an St. Petersburg.

«Die UEFA beobachtet die Situation genau und wird gegebenenfalls zu gegebener Zeit eine Entscheidung treffen», teilte der Verband mit.

Die dringende Frage nach Sponsor Gazprom dürfte sich jetzt schon stellen. Das russische Energieunternehmen ist seit Jahren enger Partner des Kontinentalverbandes und auch bei Europameisterschaften prominent in den Stadien platziert. Dies könnte auch bei der nächsten EM im Sommer 2024 in Deutschland der Fall sein.

Koch: «Es ist eine sehr heikle Situation»

«Es ist eine sehr heikle Situation, die sich stündlich ändern kann und die wir natürlich alle im Blick haben», sagte DFB-Interimspräsident Rainer Koch der ARD-«Sportschau» und betonte: «Aktuell geht es um die Sicherung des Weltfriedens und damit um weitaus Wichtigeres als Fußball. Etwaige Folgen für den Fußball wird die UEFA gegebenenfalls kommunizieren.»

Mit Blick auf internationale Spiele des russischen Meisters Zenit St. Petersburg teilte die UEFA mit, sie sei in engem Kontakt mit den betroffenen Verbänden und Vereinen. «Derzeit ist vorgesehen, dass alle Spiele wie geplant stattfinden», hieß es. Zenit trifft am 24. Februar im Europa-League-Rückspiel in Spanien auf Betis Sevilla.

Das Finale des wichtigsten europäischen Vereinswettbewerbs soll am 28. Mai in St. Petersburg stattfinden, der Heimatstadt des russischen Präsidenten Wladimir Putin. «The Sun» brachte schon das Wembley-Stadion ins Gespräch. Die Chancen für die Londoner Arena würden deutlich steigen, schrieb das Boulevardblatt, wenn zwei englische Teams das Endspiel erreichen. Derzeit sind noch Manchester City, der FC Chelsea, FC Liverpool und Manchester United im Wettbewerb.

Umstrittener Sponsor

Der von Gazprom gesponsorte Zweitligist FC Schalke 04 verfolgt die politische Lage in Osteuropa «mit großer Sorge». Das erklärte der Verein in einer Stellungnahme der Vereinsführung. Ob der Club Konsequenzen zieht, ist noch offen. «Der FC Schalke 04 wird die weitere Entwicklung beobachten, bewerten und nachdrücklich zum Frieden appellieren – zum Schutz der von der Krise betroffenen Menschen», hieß es.

«Sport sollte immer von Politik getrennt bleiben»

Die Europäische Handball-Föderation wird wegen der eskalierenden Situation in den kommenden vier Wochen keine internationalen Spiele in der Ukraine ausrichten. So soll Männermeister Motor Saporoschje seine beiden Heimspiele in der Champions League gegen Paris Saint-Germain (1. März) und den FC Barcelona (3. März) in neutraler Halle im slowakischen Presov spielen.

Der Volleyball-Weltverband FIVB denkt aktuell nicht darüber nach, Russland die Männer-WM 2022 zu entziehen. «Der FIVB ist der Meinung, dass Sport immer von Politik getrennt bleiben sollte, aber wir beobachten die Situation genau, um die Sicherheit und das Wohlergehen aller Teilnehmer an unseren Veranstaltungen zu gewährleisten, was unsere oberste Priorität ist», teilte der Weltverband mit.

Der Weltschwimmverband Fina will an der Kurzbahn-WM Ende des Jahres im russischen Kasan festhalten. «Derzeit gibt es keine Pläne für eine Änderung des aktuellen Wettkampfplans», erklärte ein Sprecher in Lausanne auf Nachfrage. Man werde «weiterhin mit den Organisatoren in Kasan in Kontakt bleiben» und die Situation in Russland und der Ukraine genau beobachten. Die Kurzbahn-WM in Kasan ist für den 17. bis 22. Dezember angesetzt.

In der russischen Olympia-Stadt Sotschi soll am 25. September der Formel-1-Grand-Prix gestartet werden und 2023 in Russland bleiben – in St. Petersburg. Hauptsponsor des Haas-Teams von Mick Schumacher ist das russische Bergbauunternehmen Uralkali.

Von Ralf Jarkowski, dpa