Unberechenbare DEL: Zeit für einen Überraschungsmeister?

Selbst ein NHL-Coach kann den Adler Mannheim zurzeit nicht helfen. Zumindest kurzfristig (noch) nicht. Mit zwei Niederlagen aus zwei Spielen ging der Einstand von Dallas Eakins in der Deutschen Eishockey Liga gründlich daneben.

Das gilt umso mehr für die gesamte bisherige Saison der Adler, die nach knapp der Hälfte der bisherigen DEL-Hauptrunde nur Zehnter sind – bei 14 Teams. Viel zu wenig für die hohen Ansprüche des üppig mit SAP-Millionen bezuschussten Traditionsclubs von Daniel Hopp. 

Auch der Sohn von SAP-Gründer Dietmar Hopp steht nach eigenem Bekunden «schlecht da», denn in der vergangene Woche mussten im bisherigen Coach Johan Lundskog und Sportchef Jan-Axel Alavaara zwei Verantwortliche trotz langfristiger Verträge vorzeitig gehen. «Wir haben in den letzten vier bis sechs Wochen eine Entwicklung erlebt, die nicht nur bedenkenswert ist, sondern ein Stück weit einer Abstiegsspirale gleicht», sagte Mannheims Geschäftsführer Hopp, der trotz meisterlicher Bezahlungen für Spieler und Trainer bereits seit 2019 auf einen Titel wartet.

NHL-Coach als Antwort auf die Formkrise in Mannheim

In Eakins soll es nun ein US-Coach richten, der in den vergangenen vier Jahren die Anaheim Ducks in der nordamerikanischen Profiliga NHL gecoacht hatte. Dass ein Trainer direkt nach seinem letzten NHL-Engagement aus der besten Liga der Welt in die DEL gewechselt war, hatte es zuletzt vor 20 Jahren gegeben, als Dave King 2003 nach seinem Ende in Columbus die Hamburg Freezers übernommen hatte.

Nicht jedes arrivierte DEL-Team mit Problemen kann so eine Lösung auf eine Formkrise präsentieren. Und davon gibt es derzeit viele. Neben Mannheim hinken auch Meister München, Vizemeister Ingolstadt und die als Geheimfavorit gehandelten Kölner Haie den Ansprüchen hinterher. Nimmt man die Eisbären Berlin, die es erst am Sonntag nach 24 von 52 Hauptrundenspielen wieder auf Platz eins schafften, mal aus, stehen in Straubing und Bremerhaven Außenseiter an der Tabellenspitze. Und die schielen in der bislang verrückten Saison auf den großen Coup. «Wir haben das Zeug dazu, uns da oben zu etablieren», frohlockte Straubings Nationalverteidiger Marcel Brandt in den «Eishockey News».

«Ich habe gedacht, Berlin würde irgendwann davon laufen, so wie es München in der Vergangenheit immer mal gemacht hat. Aber auch die hatten dann eine Verletztensituation», sagte Kölns Trainer Uwe Krupp. Der ehemalige Bundestrainer predigt seit Jahren die Ausgeglichenheit der Liga, doch erst in dieser Saison ist dies auch in der Tabelle abzulesen.

Gründe für die Probleme der Favoriten 

Ein Qualitätsmerkmal für die DEL ist dies nicht unbedingt. Zu sehr schwanken die Leistungen der Teams. Die noch am vergangenen Freitag beim 1:2 gegen Nürnberg bemitleidenswert schlechte Düsseldorfer EG, die auch aufgrund vieler Verletzungen ernsthaft den ersten DEL-Abstieg überhaupt fürchten muss, deklassierte am Sonntag den Erzrivalen Köln mit 7:1. So einen hohen Derbysieg zugunsten der DEG hatte es in der DEL zuvor noch nie gegeben. «Das ist mir unangenehm. Ich denke, es sollte uns allen peinlich sein», sagte Haie-Kapitän Moritz Müller anschließend.

Auch sein – als Titelkandidat gehandeltes – Team bekommt bisher keine Konstanz in die Saison und muss um die direkte Playoff-Qualifikation kämpfen. «Selbst die Top-Mannschaften müssen wirklich immer 100 Prozent geben, sonst lassen sie Punkte liegen», sagte Haie-Coach Krupp. Einstellung, Verletzungen, personelle Umstellungen – es gibt viele Gründe für die aktuell durcheinander gewirbelten Kräfteverhältnisse in der Liga.  

Auch Meister Red Bull München hat nach dem Rücktritt von Erfolgscoach Don Jackson Probleme. Erst zuletzt kam das hochkarätig besetzte Team unter dem früheren Bundestrainer Toni Söderholm etwas besser zurecht. Mit drei Siegen innerhalb von acht Tagen kletterte München immerhin auf Platz fünf, hat bis zur direkten Playoff-Qualifikation aber noch viel Arbeit vor sich.

«Die Umstellung von Don Jackson auf Toni Söderholm ist ein Prozess, der länger dauert. Der eine oder andere Spieler musste sich erst umstellen», sagte Sportdirektor Christian Winkler. «All das braucht Zeit und diese Zeit haben wir. Wir hatten keine Panik, sondern versuchen immer, die Dinge analytisch anzugehen.»

Wer will, kann darin einen Seitenhieb gegen Mannheim hören, wo in Eakins nun bereits der elfte Coach binnen zehn Jahren an der Bande steht. «Das ist zu viel. Da sind wir auch nicht stolz drauf», räumte Hopp ein. Seit Jahren muss der 43-Jährige schon erfahren, dass Geld allein in der DEL keinen Erfolg garantiert. Nur zwei Meisterschaften aus den vergangenen 15 Jahren sind für eine Organisation mit solch finanziellen Mitteln wie den Adlern reichlich wenig.

Von Carsten Lappe, dpa