Die Aufregung ist seit Wochen groß, nicht nur beim LC Rehlingen. Die positiven Dopingproben bei Sara und Sofia Benfares sorgen für Unruhe in der deutschen Leichtathletik. Eingeschlagen «wie eine Bombe» hätten die Nachrichten auch beim nationalen Verband, sagte dessen Leistungssport-Vorstand Jörg Bügner am vergangenen Wochenende. Wie glaubhaft entlastende Erklärungen im Fall von Sara Benfares sind, beurteilt derzeit die Nationale Anti Doping Agentur.
Der Verein aus dem Saarland hat für sich nun einen Schlussstrich gezogen. Sara (22) und Sofia Benfares (19) wird ebenso wie ihrer ältesten Schwester Selma (24) die Mitgliedschaft entzogen, wie der Vorsitzende Thomas Klein mitteilte. Der LC Rehlingen hatte in einem Schreiben einen freiwilligen Austritt nahegelegt, dieser blieb aus. Daher tagte am Dienstagabend der Gesamtvorstand des Vereins, um den Ausschluss zu beschließen.
Bereits vor einigen Wochen hatte der Club der bei Paris lebenden Familie einen Fragenkatalog zugeschickt, nachdem die Nada bestätigt hatte, dass bei Sara Benfares das verbotene Blut-Dopingmittel Epo und Testosteron gefunden worden waren. Klein sagte der Deutschen Presse-Agentur zuletzt, auf Nachfrage und Fristsetzung habe Samir Benfares geantwortet, der Vater und Trainer der drei Schwestern.
«Kein Wille zur Transparenz und Aufklärung»
Der 55 Jahre alte Franzose war selbst einst ein international aktiver Mittelstreckler. Seine Antwort sei nicht unbedingt kooperativ gewesen: «Es hat den Anschein, dass kein Wille zur Transparenz und Aufklärung beigetragen wird.» Ende Februar bestätigte die Nada dann auch noch eine positive Probe von Sofia Benfares auf Epo. «Es ist für uns eine schwarze Stunde», sagte Klein daraufhin. Die jüngste der Schwestern hat bei den U20-Juniorinnen im Vorjahr schon EM-Bronze über 3000 Meter für Deutschland gewonnen.
Wann die Nada ihre Entscheidungen fällt, ist offen. Am Mittwoch hieß es dazu, man äußere sich nicht zu laufenden Verfahren. Komplexer scheint der Fall von Sara Benfares. Sie war 2022 WM- und EM-Teilnehmerin, erst kurz zuvor erhielt sie die internationale Startberechtigung für Deutschland. Beim umjubelten Gold-Lauf von Konstanze Klosterhalfen über 5000 Meter verpasste sie im August 2022 im Münchner Olympiastadion einen Platz unter den besten Zehn. Kurz zuvor bei der WM in Eugene in den USA erreichte sie im Vorlauf entkräftet das Ziel und wurde in einem Rollstuhl von der Bahn geschoben.
Erklärung mit Medikamenten
Dass bei der einstigen deutschen Vizemeisterin über 5000 Meter bei einer Probe die verbotenen Substanzen gefunden wurden, erklärte Vater Samir Benfares in einem französischen Portal mit einer Knochenkrebs-Erkrankung und mehreren Fuß-Frakturen. Die Einnahme von Medikamenten habe – ungeachtet dessen, was sie enthielten – keinen Aufschub geduldet.
Videos in einem Instagram-Post von Ende Januar zeigen Sara Benfares mühsam an Krücken gehend, dazu heißt es im Text auf Englisch: «Dies ist nun mein tägliches Leben seit mehr als einem Jahr. Ich bin es leid, meine Behandlung vor den Behörden zu rechtfertigen.» Doch es gibt auch Bilder von Trainingsläufen, die nur kurz davor gepostet wurden. Vater Samir spricht beim Portal «Spe15» von einer Inszenierung für den Schuh-Ausrüster. Bei einem Rennen in Genf am 3. Dezember 2023 lief Sara Benfares indes nach 7,3 Kilometern auf Rang sechs, eine gute Minute hinter der Äthiopierin Gotytom Gebreslase – immerhin die Marathon-Weltmeisterin von 2022 und WM-Zweiten von 2023.
Beim Deutschen Leichtathletik-Verband ist die Betroffenheit angesichts des Verdachts gegen zwei seiner Auswahlläuferinnen jedenfalls groß. Da die Prüfung des Falls in den Händen der Nada und nicht des DLV liegt, wollte Leistungssport-Vorstand Jörg Bügner ihn am Rande der vergangenen Hallen-WM nicht weiter kommentieren, «weil das wäre im Prinzip eine Vorverurteilung». Generell stellte er, aber fest, das Anti-Doping-System scheine zu greifen. «Das sollte uns ja auch positiv stimmen», sagte Bügner. Samir Benfares dagegen meinte: «Das Unwetter wird vorbeigehen.» Seine Tochter Sara habe ihre Karriere eh beendet, um sich auf den Kampf gegen ihre Krankheit zu konzentrieren.