Max Verstappen plauderte entspannt und gelöst über sein perfektes Wochenende beim furiosen Red-Bull-Triumph im Ferrari-Land.
Widersacher Charles Leclerc wollte sich möglichst unerkannt aus dem Motorhome der Scuderia mit Kappe und Mundschutz schleichen, die aufmunternden Worte der Fans konnten den reumütigen Monegassen in Imola auch nicht mehr trösten. «Da gibt es keine Entschuldigungen, ich habe einen Fehler gemacht, den ich nicht hätte machen dürfen», sagte er in Italien: «Es ist eine Schande.»
Leclerc ohne Podiumsplatz
Fast 100.000 Fans waren gekommen, nach einem Formel-1-Rennen eher zum Vergessen für die Scuderia wurde es aber nichts mit der roten Party auf dem Podium. Leclerc kam nach einem Fahrfehler nicht mehr über Rang sechs hinaus. Carlos Sainz, der noch seinen Vertrag von Ferrari verlängert bekommen hatte, stand nach wenigen Metern mit seinem Auto im Kiesbett.
Dafür war der Weltmeister zur Stelle. Im Gegensatz zum wechselhaften und eher schlechten Wetter hätte Verstappen nicht konstant glänzender fahren können: Platz in der Qualifikation, Platz eins im ersten Sprintrennen der Saison, Platz eins beim Großen Preis der Emilia Romagna mit der schnellsten Rennrunde. Nach zwei Ausfällen in drei Rennen zuvor wegen Defekten herrschte bei gesamten Team entsprechend große Erleichterung. Zumal Stallrivale Sergio Perez vor Lando Norris im McLaren den Doppelerfolg perfekt machte.
Vettel holt erste WM-Punkte
Ein Chaosrennen wie befürchtet wurde es nicht. Dafür eines mit einigen Verlierern, aber auch ein paar Gewinnern. Sebastian Vettel zählte im Gegensatz zu Mick Schumacher, der nach zwei Drehern die erhofften ersten Punkte in der Motorsport-Königsklasse erneut verpasste, zu den Glücklicheren. Platz acht und damit die ersten Zähler für den 34 Jahre alten viermaligen Weltmeister. «Es hat alles gepasst», sagte er. «Es ist nur ein achter Platz, aber für uns ist das wie ein Sieg.»
Nach dem Verpassen der ersten beiden Saisonrennen wegen einer Corona-Infektion und einem völlig verkorksten Auftritt vor zwei Wochen in Melbourne kommt der Stimmungsschub zu rechten Zeit. In Imola hatte Vettel auch noch mal deutlich gemacht, dass eine Fortsetzung seiner Karriere davon abhänge, wie dieses Jahr verlaufe.
Hamilton einer der großen Verlierer
Ein anderer Mehrfach-Weltmeister zählte wieder zu den großen Verlieren. Lewis Hamilton quälte sich mit dem Mercedes als 13. ins Ziel. «Ich habe mich für das Auto entschuldigt, das er im Moment fahren muss», betonte Teamchef Toto Wolff. Immerhin: Hamiltons neuer Teamkollege George Russell schaffte es im zweiten Silberpfeil auf Platz vier.
Auch weil Leclerc zuviel wollte. «Ich bin übers Limit gegangen und habe den Preis dafür bezahlt», sagte der Sieger von Bahrain und Australien. Mit den soften Reifen war er kurz vor Schluss weggerutscht auf der teils immer noch feuchten Strecke und hatte sich mit dem Wagen gedreht. Nach einer leichteren Bandenberührung musste er noch mal an die Box. Statt wenigstens das Red-Bull-Duo zu trennen und sich Rang zwei wie in Saudi-Arabien zu sichern, verpasste Leclerc erstmals in diesem Jahr das Podest.
Verstappen rückt näher
Im Klassement führt er zwar weiterhin klar. Aber Verstappen ist näher gekommen. Vor dem Wochenende in Italien belegte der Niederländer den fünften Rang und hatte 46 Punkte weniger als Leclerc. Dank der Maximalausbeute von Imola mit insgesamt 34 Zählern schob sich Verstappen auf den zweiten Gesamtrang. Er hat nun 59 Punkte, Leclerc 86. Rein theoretisch könnte Verstappen also schon in Miami mit einem Sieg und der schnellsten Rennrunden und einem Nuller von Leclerc auf nur noch einen Punkt herankommen.
In Florida dürften die Piloten Temperaturen von knapp 30 Grad erwarten. In Imola waren es nur 13. Aber auf den vollen Tribünen herrschte zunächst noch das große Ferrari-Fieber. Doch sank das stetig. Leclerc erwischte keinen guten Start und wurde direkt von Perez und Lando Norris im McLaren überholt. Dann das Sainz-Aus. Das Safety Car musste raus. Und nachdem es wieder reinkam, verteidigte Verstappen die Führung und Perez Platz zwei ziemlich souverän. Die strategischen Versuche, Leclerc noch mal in Position für eine finale Attacke zu bringen, nachdem er Norris passiert hatte, klappten auch nicht. Im Gegenteil.
Und hinten mühten sich andere. Hamilton war nach nicht mal einem Drittel der Renndistanz von Verstappen überholt worden. Was für eine Demütigung für den 37 Jahre alten siebenmaligen Weltmeister. Und auch Mick Schumacher erlebte, was er nicht erleben wollte. Platz zehn hatte er sich im Sprintrennen gesichert. Im Grand Prix hätte das für den ersten Karrierepunkt in der Formel 1 gereicht. Er drehte sich aber gleich zu Beginn und fiel zu weit zurück. «Ein schwieriges Rennen für mich», sagte er: «Am Anfang habe ich alles verloren. Danach ging nichts mehr.»