Der Himmel über dem Kasumigaseki Country Club zieht sich immer schneller zu. In der Ferne ist bereits das erste leise Donnergrollen aus den grauen Wolken zu hören. Hurly Long hatte gerade auf dem 18. Grün seinen Par-Putt im Loch versenkt, als die Sirene ertönte. Gewitterwarnung!
Alle Spieler des olympischen Turniers müssen den imposanten Golfplatz im Norden Tokios rasch verlassen. «Da habe ich ja Glück gehabt», sagt der 26-Jährige mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Die Scorekarte mit dem Erstrundenergebnis von 70 Schlägen ist unterschrieben und abgegeben. Das nervige Warten auf die Wiederaufnahme des Turniers entfällt für einen der Senkrechtstarter im Deutschen Golfsport.
Sonst noch zweitklassig unterwegs
Normalerweise schlägt der Sohn eines Golflehrers auf der zweitklassigen europäischen Challenge Tour ab. Doch das soll sich schnell ändern. In dieser Saison versucht der gebürtige Heidelberger sich dort mit guten Erbenissen das Ticket für die lukrative European Tour zu sichern. Und die Chancen stehen gut. Im aktuellen Ranking liegt Long derzeit auf dem zwölften Platz. Die ersten zwanzig Profis erhalten am Ende die Spielberechtigung.
Auch Bundestrainer Ulrich Eckhardt ist vom Potenzial der derzeitigen Nummer 272 der Welt überzeugt «Hurly ist ein Künstler und ein Vollblutsportler. Er kann jeden Schlag», schwärmt Eckhardt, der Longs Werdegang schon lange begleitet. «Er hat sich zu einem tollen Spieler entwickelt. Am Ende des Jahres wird er unter den ersten Zwanzig sein, da bin ich mir sicher.»
Profi seit 2019
Zum Golfsport kam Long über seinen Vater Ted, einem der bekanntesten Golflehrer in Deutschland. «Er hat mich schon mit einem Jahr auf den Golfplatz mitgenommen. Ohne ihn wäre ich nicht hier», erzählt der Junior. Viel Erfahrung sammelte er auch bei seinem Sportmanagement-Studium an der Texas Tech University in den USA, das er 2018 abschloss. Im Januar 2019 startete Long seine Profi-Karriere.
Und jetzt spielt Hurly Long bei Olympia für Deutschland. Für ihn etwas ganz besonderes Abenteuer: «Klar ist das hier aufregend für mich», gesteht er. «Es ist schon toll, wenn die deinen Namen aufrufen und die Kamera ist genau in deinem Gesicht.» Für seine Karriere hat der 26-Jährige große Pläne. «Ich glaube zu 100 Prozent an mich und weiß, dass ich meine Ziele erreichen werde. Wenn man erfolgreich sein will, muss man Berge erklimmen», sagt Long. Olympia ist so einer.