Laut Kristina Vogel könnte es Medaillen regnen. Wenn am Donnerstag der Startschuss für die erste Super-Rad-WM in Glasgow mit 13 Titelkämpfen fällt, sollen Deutschlands Weltklasse-Sprinterinnen für einen goldenen Auftakt im Sir Chris Hoy Velodrome sorgen.
Und allmählich könnten die siebenmalige Titelträgerin Lea Sophie Friedrich und die sechsmalige Weltmeisterin Emma Hinze den Bahnrad-Rekord von Vogel ins Wanken bringen. Elf WM-Titel hatte Vogel eingefahren, ehe ein schwerer Trainingssturz im Jahr 2018 ihre Karriere abrupt beendete.
Friedrich und Hinze dominierten zuletzt die Weltspitze
«Natürlich möchte man auch weitere WM-Titel gewinnen, aber ich habe nicht das große Ziel vor Augen, diese Marke zu knacken», sagt Friedrich, die von der heute querschnittsgelähmten Vogel immer protegiert wurde. Auch Hinze lehnt historische Vergleiche ab: «Wenn man sich vergleicht, ist das eher toxisch, als dass es einen weiterbringt. Jeder Mensch, jeder Weg ist unterschiedlich. Wenn man jetzt das Ziel hätte, zwölf WM-Titel zu gewinnen, weiß ich nicht, ob man es noch zu schätzen weiß, wie viele man jetzt schon gewonnen hat.»
In den vergangenen drei Jahren haben die erst 23-jährige Friedrich und die zwei Jahre ältere Hinze die Weltspitze dominiert. Zehn der zwölf möglichen WM-Titel gingen auf das Konto der beiden Ausnahmefahrerinnen, die trotz der internen Rivalität Freundinnen geblieben sind. Zunächst geht es aber gemeinsam um Gold: im Teamsprint am Donnerstag zusammen mit Pauline Grabosch als dritter Fahrerin. In der Vergangenheit war dies stets ein sicheres Gold für das deutsche Team.
Nur bei Olympia in Tokio war die Gold-Rechnung der beiden Sprinterinnen nicht aufgegangen, es langte nur zu Silber im Team. Dabei war gerade Hinze als Dreifach-Weltmeisterin und haushohe Favoritin angereist. «Als ich in Berlin (WM 2020) gewonnen habe, habe ich es nicht als Belastung empfunden. Aber ich habe schon gemerkt, wie sehr alle bei Olympia auf mich und meine Leistung schauen. Und wie auch die Gegnerinnen gefühlt nur gegen mich gefahren sind», erinnert sich Hinze. «Das direkt vor Ort zu erleben, war schon schwierig, weil ich das vorher nie erfahren konnte und nicht wusste, wie ich damit umgehen sollte.»
«Wichtig bis zum letzten Tag mental stabil zu bleiben»
Inzwischen habe sie daraus gelernt, auch mentale Hilfe nahm die gebürtige Hildesheimerin in Anspruch. Das soll ihr bei Olympia 2024 in Paris zugutekommen. Denn bereits bei der vorigen WM auf der Olympia-Bahn in Saint-Quentin-en-Yvelines mussten Friedrich und Hinze erfahren, welche Rolle das Publikum spielen kann. Es ging nicht nur gegen starke Französinnen, sondern auch gegen 5000 Fans. Entsprechend betont Friedrich, wie wichtig es ist, «bis zum letzten Tag mental stabil» zu bleiben.
Nach der WM im vergangenen Oktober ging bei den beiden deutschen Stars nicht mehr viel. Hinze verzichtete auf eine Titelverteidigung in der Champions League, Friedrich stieg krankheitsbedingt während der Serie aus. Inzwischen sind die Akkus wieder aufgeladen. «Wenn sie so weitermachen, dann werden sie auch Olympiasiegerinnen», sagte die zweimalige Olympiasiegerin Vogel dem Internetportal Sport1.
Erst einmal sollen aber die nächsten WM-Titel her. Und da ist Bundestrainer Jan van Eijden zuversichtlich: «Ich denke, dass wir bei den Frauen in allen Disziplinen um die Titel mitfahren können. Dann kommt es halt auf die Tagesform an.» Stimmt die, sollte Teil eins der Titel-Mission am Donnerstagabend gelingen.