Nur ein Jahr nach den Titelkämpfen im amerikanischen Eugene trifft sich die Leichtathletik-Elite in Budapest schon zu den nächsten Weltmeisterschaften.
Die vergangene WM im US-Bundesstaat Oregon ist angesichts des schlechten deutschen Abschneidens und der Wettkämpfe überwiegend zur deutschen Nachtzeit kaum in Erinnerung geblieben. Außerdem folgte wenige Wochen später die glanzvolle Heim-EM in München. Von Samstag an werden etwa 2000 Athletinnen und Athleten aus mehr als 200 Ländern bis zum 27. August wieder um Medaillen in 49 Wettbewerben streiten. Die deutschen Medaillenaussichten bei der 19. WM sind eher gedämpft.
Warum gibt es nur ein Jahr nach der Saison mit WM und EM schon wieder eine WM?
Das hat noch mit der Corona-Pandemie zu tun. Weil die Olympischen Spiele in Tokio von 2020 auf 2021 verschoben wurden, rückte auch die WM in Eugene um ein Jahr auf 2022 nach hinten. 40 Jahre nach den ersten Weltmeisterschaften in Helsinki ist mit der WM in Budapest nun alles wieder im Rhythmus, 2024 folgen die EM in Rom und Olympia in Paris.
Wie sind die deutschen Chancen?
Das schlechteste deutsche WM-Abschneiden vor einem Jahr soll sich nach Wünschen des Verbandes nicht wiederholen – doch viele Ausfälle schmälern die Aussichten. In Eugene gab es nur Gold für Weitspringerin Malaika Mihambo, sie fehlt diesmal nach einem Muskelfaserriss. Die andere Medaille holten die Sprinterinnen mit Bronze in der Staffel, bevor das Quartett um Gina Lückenkemper zum EM-Titel stürmte. Doch in Alexandra Burghardt und Lisa Mayer fällt die halbe Stammbesetzung aus. «Wir haben trotzdem ein Staffel-Team, das Bock hat», sagte Doppel-Europameisterin Lückenkemper.
Der EM-Zweite im Stabhochsprung, Bo Kanda Lita Baehre, musste nach einem Sturz absagen, 5000-Meter-Europameisterin Konstanze Klosterhalfen fehlt wegen Fußproblemen. Man könne viele Leistungsträger «nicht einfach ersetzen, da sind nicht zehn hinten dran», sagte Sportdirektor Jörg Bügner.
Trotz «getrübter Stimmung» verspürt Speerwurf-Europameister Julian Weber «eine große Motivation im Team». Chancen gibt es vor allem durch Weber, im Zehnkampf durch Europameister Niklas Kaul und den deutschen Rekordler Leo Neugebauer, die Diskuswerferinnen um Kristin Pudenz sowie Hochspringer Tobias Potye. «So wie es im Training läuft, weiß ich, dass ich es drauf habe», sagte Neugebauer mit Blick auf seine Bestmarke.
Wo finden die Wettkämpfe in Budapest statt?
Für die WM wurde ein neues Stadion für 35.000 Zuschauer und Zuschauerinnen am Ostufer der Donau errichtet, das anschließend zurückgebaut wird, dann noch 14.500 Plätze haben und als nationales Leichtathletik-Zentrum dienen soll. Die Wettbewerbe im Gehen und im Marathon finden auf einem Kurs in der Innenstadt statt, Start und Ziel befinden sich am Heldenplatz.
Wie steht der Weltverband zum Gastgeberland Ungarn als Ausrichter?
Budapest ist regelmäßig Ausrichter großer Sportveranstaltungen. Die Formel 1 ist jährlich zu Gast, 2021 gab es dort Spiele der Fußball-EM, auch die Schwimm-WM fand dort statt – trotz regelmäßiger Kritik an Ungarns Regierung. So gilt in dem EU-Land seit zwei Jahren ein sogenanntes «Kinderschutzgesetz», das Homosexualität fälschlicherweise mit Pädophilie gleichsetzt.
Leichtathletik-Weltverbandschef Sebastian Coe lobte die Unterstützung der ungarischen Regierung und räumte ein, dass Länder den Sport nutzten, um sich zu präsentieren. Die große Herausforderung des 21. Jahrhunderts sei der Kampf zwischen Werten, Kulturen und der Realität. «Irgendwo dazwischen muss der Sport hindurchsteuern, und die Leichtathletik macht das ganz gut», sagte der 66 Jahre alte Brite, einst selbst Olympiasieger und Chef-Organisator der Sommerspiele 2012 in London.
Was ist mit der Teilnahme Russlands?
Unter den rund 2000 Sportlerinnen und Sportlern aus 200 Ländern werden wegen des andauernden Krieges gegen die Ukraine keine aus Russland und Belarus sein. An der zuletzt im März beschlossenen Haltung des Councils im Weltverband habe sich nichts geändert, betonte Coe vor dem WM-Start. Ein Trainingslager des ukrainischen Teams in der benachbarten Slowakei unterstützte der Verband finanziell.
Was gibt es in Budapest zu verdienen?
Der Weltverband schüttet knapp 8,5 Millionen Dollar (7,77 Millionen Euro) an Preisgeldern für die Plätze eins bis acht aus. Ein WM-Titel ist 70.000 Dollar wert, Silber 35.000 Dollar und Bronze 22.000 Dollar. Für Rang acht gibt es noch 5000 Dollar. In den Staffel-Wettbewerben sind die Preisgelder von 80.000 Dollar bis zu 4000 Dollar jeweils pro Team gestaffelt. Extra entlohnt werden Verbesserungen der Weltrekorde mit jeweils 100.000 Dollar.
Wo ist die WM in Deutschland im Fernsehen zu sehen?
ARD und ZDF sowie Eurosport werden mit umfangreichen Live-Übertragungen aus Budapest berichten, wo viele der 49 Entscheidungen zur besten Sendezeit am Abend fallen. Aber auch an den Vormittagen mit Wettkämpfen sind alle drei ausführlich live dabei. ARD und ZDF wechseln sich täglich ab, den Anfang macht am 19. August das ZDF, das auch zum Abschluss am 27. August auf Sendung ist. Die ARD ist an vier der neun Wettkampftage an der Reihe. Eurosport sendet täglich umfassend aus der ungarischen Metropole.