Florian Wellbrock hielt sich am Anschlagbalken fest und reckte den Zeigefinger in die Luft. Mit einem starken Schlussspurt holte der deutsche Vorzeigeschwimmer für die 4×1500-Meter-Mixed-Staffel im Freiwasser die erste Goldmedaille bei den Weltmeisterschaften in Budapest.
Gemeinsam mit seinen Teamkollegen Lea Boy, Oliver Klemet und Leonie Beck feierte er anschließend auf dem Siegerpodest den Erfolg, der auch für ihn persönlich wichtig war.
Nach Silber über 800 Meter Freistil und nur 18 Stunden nach Bronze über 1500 Meter hinter dem Italiener Gregorio Paltrinieri und Bobby Finke aus den USA gab es nun das erste ersehnte Gold. «Der Medaillensatz ist jetzt erstmal komplett und alles, was jetzt kommt, ist on top. Es ist schon mal schön, Bronze, Silber und Gold zusammen zu haben», sagte Wellbrock.
Überraschender Erfolg für Wasserspringer
Angespornt von den erfolgreichen Auftritten der Schwimmer starteten auch die Wasserspringer mit einem überraschenden Erfolg in die WM. Lars Rüdiger und Timo Barthel gewannen Bronze im Synchronspringen vom Drei-Meter-Brett hinter China und Großbritannien. Überraschend war das vor allem deshalb, weil das Duo erst seit Dezember zusammen trainiert. Barthel stieg als Nachfolger von Rekordeuropameister Patrick Hausding ein, da dieser seine Karriere beendet hat.
In einem durchaus als chaotisch zu bezeichnenden Freiwasser-Wettbewerb im 26 Grad warmen Lupa-See am äußeren Stadtrand von Budapest hatte Boy zuvor die Deutschen bereits auf der ersten Runde in Führung gebracht. Auch, weil sich gleich vier Nationen an der letzten Boje verschwammen, abkürzten und daraufhin disqualifiziert wurden. Klemet baute die Führung aus, ehe Beck gegen drei starke Männer wieder in leichten Rückstand geriet. «Ich wollte den Rückstand so gering wie möglich halten», sagte Beck, die als Vierte mit acht Sekunden Rückstand wechselte.
Trainer Berkhahn: «Das hat er meisterhaft gemacht»
Wellbrock machte die entscheidende Zeit gut, schwamm immer Innenbahn, um im Schlussspurt allen davon zu fliegen. «Es war ganz schön, mal ohne den Bobby Finke den Sprint machen zu können», sagte Wellbrock und sein Trainer Bernd Berkhahn lobte: «Das hat er meisterhaft gemacht, taktisch war er sehr, sehr gut. Er war weder für Ungarn, noch für Italien zu halten. Da hat man gemerkt, was er eigentlich drauf hat.» Der Coach dachte dabei nicht mal einen Tag zurück, als Titelverteidiger Wellbrock auf der 1500-Meter-Beckendistanz nicht alles richtig gemacht und Bronze gewonnen hatte.
Auf seiner Paradestrecke im Becken hatte sich Wellbrock etwas verpokert. «Er hat sich zu sehr auf Bobby Finke konzentriert. Das war etwas zu verhalten. Und sie haben Gregorio schwimmen lassen. Das war ein Fehler von beiden», kritisierte Bundestrainer Berkhahn. Der Italiener zog vom Start weg los, durchpflügte das Becken der Duna Arena in einem Wahnsinnstempo und brachte schnell drei Längen Vorsprung zwischen sich und die Konkurrenz. Über drei Sekunden unter Weltrekord waren teilweise seine Zwischenzeiten.
«Ich wusste, dass Gregorio schnell angehen würde, aber dass er so schnell ist, hätte ich nicht gedacht», beschrieb Wellbrock den Final-Verlauf. Und auch da war Berkhahn etwas anderer Meinung. «Gregorio schwimmt immer mit einem Riesen-Herz. Es war der Plan von Gregorio, jeder wusste davon. Das war keine große Überraschung», sagte der Magdeburger Coach, nahm seinen Schützling dann aber wieder etwas in Schutz: «Man braucht eine unglaubliche Erfahrung für diese Strecke, ein großes Zutrauen. Da sind die Jungen immer noch etwas zu verhalten.»
Dennoch: Der Verlust des Titels ist kein Drama für Wellbrock. «Ich habe Bronze gewonnen», sagte er und betonte, dass es nicht mehr einfach sei, in dieser Disziplin aufs Podium zu kommen. «Das war vielleicht vor ein paar Jahren der Fall, aber bei der Leistungsdichte jetzt nicht mehr. Ich bin dicht an meine Bestzeit rangekommen», bemerkte der Freiwasser-Olympiasieger.
Das sieht auch Berkhahn so, hatte aber noch einen großen Kritikpunkt anzumerken. «Er kam halt raus aus dem Wasser und meinte, er habe sich nicht ausbelastet und könnte noch weiterschwimmen», erzählte Berkhahn. Für ein WM-Finale unter diesen Vorzeichen dann doch nicht ganz nachvollziehbar.
Wellbrock hatte nämlich seinen besonderen Fokus auf die 1500 Meter gelegt. Nachdem er den Vorlauf gegen die starke Konkurrenz gewonnen hatte, legte er Wert auf schnelle Regeneration. Das war im Vorfeld der Wettbewerbe von Ungarn ein von Berkhahn entwickeltes neues Trainingsziel gewesen. Die Lockerheit war da, nur eben nicht die ganz große Risikobereitschaft.
«Das Team und die Stimmung waren großartig»
Berkhahn lobte zum Abschluss den Auftritt der zehn in Budapest angetretenen deutschen Beckenschwimmer, die vier Medaillen und zahlreiche Finalplatzierungen erreichten und für das beste Ergebnis seit 2009 gesorgt hatten. «Es war unfassbar. Vor allem auch der letzte Tag. Alle Sportler, die noch nicht abgereist waren, standen in den Finals. Ich weiß nicht, ob es das jemals im DSV schon gegeben hat», sagte Berkhahn und betonte die Einheit von Sportlern, Trainern und Staff bei diesen Titelkämpfen. «Das Team und die Stimmung waren großartig», sagte der Bundestrainer.
Wasserspringer Timo Barthel konnte sein Glück nicht fassen. «Für mich ist das ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Ich glaube, ich kann seit zwei Wochen nicht mehr schlafen, weil ich immer von dieser Medaille träume. Und jetzt das mit Lars geschafft zu haben, ist für mich einfach unfassbar», sagte der 26-Jährige. Bundestrainer Lutz Buschkow freute sich, «dass die Fußstapfen von Patrick zumindest ein bisschen gefüllt sind. Es war ein schöner, spannender Wettkampf und für die Wasserspringer ein Auftakt nach Maß», sagte der Coach.