Brasilien-Abräumer Max Verstappen stieg auf seinen Red Bull, breitete die Arme aus und genoss den PS-Karneval von São Paulo. Der dreimalige Formel-1-Weltmeister baute seinen beeindruckenden Siegrekord mit dem 17. Saisonerfolg weiter aus.
Der 26 Jahre alte Niederländer behauptete sich wie bei seinem bis dato einzigen Brasilien-Triumph 2019 von der Pole Position aus und zeigte in einem anfangs dramatischen Rennen einmal mehr eine weltmeisterlich-souveräne, aber auch weitgehend einsame Leistung.
«Wir waren auf allen Reifen gut. Es war ein sehr starkes Rennen», sagte Verstappen, der trotz erdrückender Überlegenheit keine Zeit für andere Gedanken hatte: «Man muss immer da sein.» Und er ist immer da, zum Leidwesen auch des Zweitplatzierten Lando Norris. «Es scheint, dass Max auf alles eine Antwort hat, was sehr schade ist», sagte der Brite von McLaren.
Alonso rast aufs Podest
Nach zwei Ausfällen zuletzt und Wochen mit Rückschlägen raste Routinier Fernando Alonso als Dritter wieder aufs Podest und zeigte in den Schlussrunden in einem packenden Duell mit dem WM-Zweiten Sergio Pérez, dass er auch mit 42 Jahren so erfolgshungrig ist wie zu seinen Weltmeister-Zeiten 2005 und 2006. «Als er (Pérez) mich zwei Runden vor Schluss überholt hat, dachte ich: Das war’s mit dem Podest.» Alonso konterte im Aston Martin aber noch mal.
Pérez polierte mit Rang vier aber ein bisschen sein zuletzt häufig lädiertes Selbstvertrauen vor allem nach dem ganz frühen Ausfall durch einen Unfall beim Heimrennen vor einer Woche auf. Im zweiten Red Bull vergrößerte er den Vorsprung im WM-Klassement auf den schwächelnden Rekordweltmeister Lewis Hamilton (8.) im Mercedes auf 32 Punkte. Nico Hülkenberg belegte im Haas den zwölften Platz in einem Rennen, das zumindest zu Beginn dem Ruf eines Spektakel-Kurses gerecht wurde.
Leclerc scheidet in Aufwärmrunde aus
Samba-Rhythmen und Karnevalsstimmung herrschte in der Startaufstellung. Aber noch bevor es richtig losging, war es für Charles Leclerc wieder vorbei. Startplatz zwei hatte er sich in der Wetter-Chaos-Qualifikation am Freitag hinter Verstappen gesichert, in der Aufwärmrunde rutschte der Monegasse mit seinem Ferrari aber von der Piste und krachte in die Streckenbegrenzung. «Warum habe ich immer so ein Pech?», funkte er verzweifelt an die Box. Ein Defekt am Ferrari war schuld. Das Lenkrad habe nicht mehr reagiert, es habe auch Probleme mit dem Motor gegeben, sagte Leclerc, dessen Platz in der ersten Reihe blieb frei, als die Roten Ampeln ausgingen.
Das bot Raum für Attacken. Verstappen kam problemlos weg, weiter dahinter wurde es eng, zu eng. Ein Reifen flog durch die Luft, für Kevin Magnussen im Haas und Alexander Albon im Williams kam nach ihrem Unfall das schnelle Aus in Kurve eins. Und zu viel Autoteile auf der Strecke sorgten für Rote Flaggen, sprich eine Unterbrechung.
Verstappen verteidigt beim Re-Start Platz eins
Nach knapp 20 Minuten ging alles wieder von vorn los. Nur, dass nun Kumpel Norris neben dem Niederländer beim Re-Start stand. Und auch blieb. Verstappen verteidigte seinen ersten Platz. Norris, der Sechster in der Qualifikation geworden war, versuchte es danach noch einmal: Der Konter von Verstappen war allerdings deutlich. Er fuhr binnen weniger Kilometer einen Vorsprung heraus, den er noch weiter ausbaute.
Die Hoffnungen beim deutschen Werksteam Mercedes, wie vor einem Jahr wenigstens ein Rennen der Saison zu gewinnen und das in Brasilien, schwanden schon nach massiven Reifenproblemen im Sprint. Im Hauptrennen über 71 Runden reagierte dann auch noch Vorjahressieger George Russell wenig verständnisvoll auf die Teamstrategie – er hing hinter Rekordweltmeister Hamilton fest, der als Ehrenbürger des größten südamerikanischen Landes mit riesiger Brasilien-Flagge auf der Fahrerparade-Runde mehr Grund zur Freude als im Rennen hatte.
Nächster Rückschlag für die Silberpfeile
Russell, der mehrfach über Funk geschimpft hatte, bekam rund zwölf Runden vor Schluss die Ansage, den Wagen zurück in die Garage zu steuern. Der Gewinner des Sprints und Hauptrennens in São Paulo musste aufgeben. Hamilton dümpelte als Achter ins Ziel. Wieder ein Rückschlag für die Silberpfeile, die in der Konstrukteurswertung hinter dem alten und neuen Champion Red Bull um den Vizerang und viel Geld gegen Ferrari kämpfen.
Während Alonso seinen Podiumsplatz zunächst mit all seiner Routine gegen Pérez verteidigte und nach dessen finaler Attacke Rang drei spektakulär zurückeroberte, machte Verstappen ganz vorn das, was er in mittlerweile 17 von 20 Rennen in diesem Jahr machte. Auch nach dem neuerlichen Reifenwechsel hatte sich an der Rangfolge auf den ersten beiden Plätzen nichts geändert. Verstappen fuhr mit deutlichem Vorsprung als Erster durchs Ziel und freute sich schon auf die in zwei Wochen anstehende Premiere in Las Vegas: «Ich bin mir sicher, dass es voller Überraschungen sein wird.»