Weltmeister, Weltfußballer: Messi im Fußball-Olymp

Mit dem goldenen Pokal in beiden Händen führte Lionel Messi seine Mannschaft auch in den letzten Akt dieser magischen Nacht in Katar.

Während auf den Straßen der Heimat Millionen von Fans vor Freude weinten, dirigierte Argentiniens Superstar seine tanzenden Mitspieler aus den Stadionkatakomben. Wie die Weltmeister ihrem Kapitän selbst auf dem Weg zur Party folgten, es war ein Bild, das den Eindruck dieses Teams beim Wüstenturnier abrundete: Messi geht voran, die anderen halten ihm den Rücken frei. 

Inmitten zehntausender Anhänger erstrahlte auf dem Obelisken von Buenos Aires wenig später sogar Messis Gesicht. Die Welt stellte sich in diesem Moment längst die Frage: Ist dieser Messi nun offiziell der beste Fußballer aller Zeiten, jetzt, wo er den größten aller Titel gewonnen hat? Und überhaupt: Was soll jetzt noch kommen?

Ja, sogar Messi selbst stellte sich zumindest die zweite Frage. Er lächelte und grinste, und weil das während seiner einzigartigen Karriere nicht allzu häufig vorkam, fiel es nach dem 4:2 im Elfmeterschießen gegen Frankreich ganz besonders auf. «Verrückt» sei das alles, sagte Messi also, völlig überwältigt vom Erreichten. «Natürlich wollte ich meine Karriere damit abschließen, mehr kann ich mir nicht wünschen.» 

Messi auf einer Stufe mit Maradona

Spätestens in diesem Moment hörte man genauer hin. Karriere abschließen? Bei Paris Saint-Germain hat er doch noch einen Vertrag bis zum Sommer. Messi selbst ordnete das Ganze also noch etwas ein. Er habe davon geträumt als Kind, und jetzt habe er alles erreicht. «Es ist beeindruckend, meine Karriere auf diese Weise fast abzuschließen.» Fast also. Er würde noch gerne ein paar Spiele als Weltmeister für Argentinien machen. Das war’s also noch nicht. 

Trotzdem verfestigte sich in dieser Nacht von Doha ein Eindruck: dass sein Ende als Fußballprofi naht. Denn jetzt hat Messi allen gezeigt, dass er selbst Diego Maradona sein kann. Dass er nicht nur so schön dribbeln und zaubern kann wie Argentiniens vor zwei Jahren verstorbene Fußball-Legende. Messi hat in Katar endgültig bewiesen, dass er seine Landsleute auch berühren kann wie einst Maradona. 

Wie er schon vor eineinhalb Jahren seine Mannschaft mit einer beeindruckenden Kabinenansprache zum Gewinn der Copa América animierte, machte mächtig Eindruck. Und so absurd es klingt: Auch wie er sich nach dem hitzigen Viertelfinale gegen die Niederlande mit Wout Weghorst anlegte, kam wunderbar an. Messi zeigte Kante, endlich wurde er für die Menschen in seiner Heimat greifbar. 

Und jetzt auch noch der goldene WM-Pokal. «Er ist ein Geschenk der Fußballgötter», schwärmte Englands Ex-Nationalspieler Gary Lineker. «Nach 36 Jahren ist die Nationalmannschaft wieder glorreich, und Messi ist jetzt eine Legende», jubelte die argentinische Zeitung «Clarín». 

Gratulation von Pelé

So wie Maradona, der seinem Volk die größte Trophäe des Weltfußballs 1986 beschert hatte. Auch der Brasilianer Pelé gratulierte via Instagram aus dem Krankenhaus in São Paulo. «Lionel Messi hat seine erste Weltmeisterschaft gewonnen, so wie er es wegen seiner Laufbahn verdient hat», schrieb der an Krebs erkrankte 82-Jährige und ergänzte mit Blick auf Maradona: «Diego lächelt jetzt sicherlich.» 

Als bester Spieler des Turniers war Messi nicht nur wegen seiner sieben Toren und drei Vorlagen da schon zum zweiten Mal bei einer WM mit dem goldenen Ball geehrt worden. Das war vor ihm noch nie jemandem gelungen. Am 27. Februar könnte er zum siebten Mal zum Weltfußballer gewählt werden. Auch das wäre einzigartig. Die Frage, ob er nun der beste aller Zeiten ist, lässt sich dennoch nicht beantworten. 

Zum einen wäre etwa ein Pelé ihm immer noch zwei Weltmeistertitel und einige Tore voraus. Auf der anderen Seite hat Messi einige der größten Titel in Europa gewonnen, wo Pelé nie gespielt hat. Außerdem: Ein Vergleich mehrerer Fußballer verschiedener Generationen ist immer mühselig. Fest steht aber mit dem WM-Titel: Messi reiht sich endgültig in die Riege der Größten aller Zeiten ein. Auf seine ganz eigene Art und Weise.

Spielt Messi bei der WM in vier Jahren?

Sein Trainer Lionel Scaloni hält ihm nach seinem wohl besten Turnier im Nationaltrikot sogar die Tür für die WM 2026 offen. Obwohl Messi während des Turniers in Katar mehrfach ausgeschlossen hatte, noch eine Weltmeisterschaft zu spielen. «Es liegt an ihm», sagte der Coach nach dem Finale. «Alles, was er an seine Mannschaftskollegen weitergibt, ist etwas, was ich nie zuvor gesehen habe.» 

Zu Beginn der kommenden WM in den USA, Mexiko und Kanada wäre Messi fast 39 Jahre alt. Unmöglich scheint für diesen außergewöhnlichen Spieler zwar nichts. Aber eines weiß auch er: Besser kann es jetzt nicht mehr werden. 

Nils Bastek, Miriam Schmidt und Jan Mies, dpa