Emanuel Buchmann hat sich einiges vorgenommen. Viele Höhenmeter spulte der einstige Tour-de-France-Vierte seit Anfang des Jahres auf Gran Canaria ab. Denn dem Allgäuer läuft nach drei Jahren voller Pleiten, Pech und Pannen die Zeit davon.
«Jünger werde ich nicht. Jetzt steht auch schon die 3 vorne bei mir. Ein paar Jahre werde ich noch haben, aber es ist nicht mehr so wie mit 25 oder 26, als man gesagt hat, dass man noch zehn Jahre auf Top-Niveau hat», sagte Buchmann, der am Mittwoch auf Mallorca in die Saison startet, jüngst in einer Medienrunde.
Rückschlag folgt auf Rückschlag
Längst muss sich der 30-Jährige mit einer neuen Rolle im Bora-hansgrohe-Team abfinden. Der Australier Jai Hindley ist als Giro-Sieger auch bei der Tour de France im Sommer der Kapitän, für Buchmann bleibt vorerst nur eine Nebenrolle. «Man hat das schon im Hinterkopf, dass ich nicht mehr der alleinige Leader bin. Jai ist erstmal gesetzt. Für mich ist es kein Problem, auch für einen anderen zu arbeiten, wenn ich nicht der Stärkste bin», sagte der gebürtige Ravensburger.
2019 war Buchmann noch der Stärkste im deutschen WorldTour-Team. Bei der Tour fuhr er auf einen beachtlichen vierten Platz, als nächster Schritt sollte das Podium folgen. Das hatten aus Deutschland nur Jan Ullrich, Andreas Klöden und Kurt Stöpel geschafft. Doch immer wieder wurde der Kletterspezialist von Stürzen, Krankheiten und Corona-Auszeiten zurückgeworfen. «Frustrierend» sei das gewesen, erinnerte Buchmann. «Teilweise war ich sehr gut in Form, bin dann gestürzt. Letztes Jahr war ich ständig krank. Ein bisschen zum Verzweifeln ist es schon. Jetzt versuchen wir es nochmal im neuen Jahr.»
Aldag: «Wir glauben weiter an ihn»
Es ist vielleicht seine letzte Chance, bei der Tour noch einmal um eine vordere Platzierung zu kämpfen. Denn die Konkurrenz ist groß im Team, neben Hindley haben auch der russische Tour-Fünfte Alexander Wlassow und Lennard Kämna die Gesamtwertung bei großen Rundfahrten im Blick. Beide nehmen aber 2023 den Giro d’Italia in Angriff.
«Wir glauben weiter an ihn», sagte Sportdirektor Rolf Aldag, räumte aber auch ein: «Emu wird bestimmt seine Freiheiten kriegen, aber mit einer Ein-Mann-Kapitänsrolle für Emu in die Tour zu gehen, ist dann ein Druck, den wir nicht unbedingt annehmen müssen.» Ohnehin: Laufe alles normal, seien die ersten beiden Plätze durch Tour-Sieger Jonas Vingegaard (Dänemark) und dem zweimaligen Champion Tadej Pogacar (Slowenien) fast schon vergeben.
Da ist auch Buchmann realistisch. «Die Zwei sind stärker als ich, aber die müssen auch erst gut durchkommen. Die können auch stürzen oder in der Vorbereitung Pech haben. Dann sind die zwei Plätze auch wieder frei», so der Deutsche Meister von 2015, der in seiner Fahrweise ein wenig limitiert ist. Die Attacken der beiden Topstars könne er nicht mitgehen. «Die zwei sind explosiver als ich. Da muss ich mein Tempo fahren», sagt Buchmann. Dazu kommt seine Schwäche im Zeitfahren, wenngleich dieses Mal nur 22 Kilometer im Kampf gegen die Uhr zu bewältigen sind.
Die neue Generation um Vingegaard, Pogacar und auch Weltmeister Remco Evenepoel (Belgien) habe die Rennen härter gemacht. Trotzdem müsse er sich bewusst machen, «wie gut man war», ergänzte Buchmann und gibt seinen Traum nicht auf: «Es gibt ja auch ein paar Leute, die mit über 30 erstmals bei der Tour auf dem Podium gestanden haben. Da wäre ich nicht der Erste und der Einzige.»