«Wie am 4. Juli»: US-Jubel über Gauff und ein Trio

Die Obamas geben ihr Ratschläge, Justin Bieber jubelt ihr zu – und die Fans bei den US Open lieben Coco Gauff. An einem «großen Tag für das amerikanische Herrentennis» («New York Post») gehörten dem 19 Jahre alten Jungstar in Flushing Meadows ausnahmsweise aber die Schlagzeilen einmal nicht alleine.

Neben Gauff stürmten gleich drei US-Profis beim Heimturnier ins Viertelfinale, so viele wie seit 2005 nicht mehr. «Es ist wirklich großartig, ich bin so glücklich», schwärmte die Weltranglistensechste über die Erfolge ihrer Kollegen. «Es ist wirklich aufregend für das Tennis in Amerika.»

Auf ihrem Weg zum angestrebten ersten Grand-Slam-Titel beendete Gauff mit 6:3, 3:6, 6:1 das US-Open-Comeback der zweifachen Mutter Caroline Wozniacki (33) aus Dänemark. Aus dem US-Team schafften es auch Frances Tiafoe (25) sowie Ben Shelton (20) weiter und treffen nun aufeinander. Dazu erreichte Taylor Fritz (25) mit 7:6 (7:2), 6:4, 6:4 gegen den Schweizer Dominic Stricker (21) als einziger Spieler das Viertelfinale ohne Satzverlust – und fordert nun den Topfavoriten Novak Djokovic heraus.

Lobender Djokovic

«Drei Amerikaner in den Viertelfinals, das ist großartig für das amerikanische Tennis. Alle haben einen starken Aufschlag, sind aggressiv», lobte Djokovic, befand aber gewohnt selbstbewusst: «Ich bin bereit». Die «New York Times» rief vor lauter Jubel per Überschrift gleich den Tennis-Unabhängigkeitstag aus: «Bei den US Open fühlt es sich an wie am 4. Juli.» Seit dem Triumph von Andy Roddick vor 20 Jahren wartet das amerikanische Herrentennis auf einen Sieg bei den US Open.

Bei den Frauen ist schon seit längerem Gauff als legitime Erbin der Ikonen Serena sowie Venus Williams auserkoren – und auch ohne Grand-Slam-Titel selbst in den Rang eines Top-Stars aufgestiegen. Bei ihren Abendspielen ist die Promi-Quote auf den Ehrentribünen besonders hoch – von Popstar Justin Bieber über Box-Legende Mike Tyson bis zu Schauspieler Danny DeVito. 

Rat von den Obamas

Sogar der frühere US-Präsident Barack Obama und Ehefrau Michelle beklatschten ihren mühevollen Auftaktsieg gegen Laura Siegemund und trafen Gauff anschließend in den Katakomben des Arthur Ashe Stadiums. «Sie haben mir guten Rat gegeben», verriet sie anschließend stolz. «Ich werde diesen Tag in meinem Leben nie vergessen.»

2019 qualifizierte sich Gauff im Alter von 15 Jahren beim Rasen-Klassiker in Wimbledon als jüngste Teilnehmerin der Turniergeschichte, schaffte einen Sensationssieg über Venus Williams und kam bis ins Achtelfinale. Im vergangenen Jahr stand Gauff bei den French Open in ihrem ersten Grand-Slam-Finale, der ganz große Erfolg blieb bislang jedoch aus.   

Ändern könnten dies zwei Tage im Juli. Nach dem ernüchternden Erstrunden-Aus in Wimbledon diesen Sommer verließ Gauff ihr Hotelzimmer so lange nicht, bestellte sich Essen und nutzte die Zeit zum Nachdenken. «Ich habe meine Mentalität komplett geändert», berichtete sie. Mit mehr Aggressivität und Trainer-Legende Brad Gilbert an der Seite gewann sie seitdem zwei von drei Turnieren. Bei der Generalprobe in Cincinnati bezwang sie die US-Open-Titelverteidigerin Iga Swiatek. Die Polin scheiterte in New York überraschend am späten Sonntagabend an der Lettin Jelena Ostapenko, die nun Gauffs Lauf stoppen will.  

«Coco ist im Kommen»

Auch ihre Kollegen schwärmen von der in Florida lebenden Amerikanerin. «Coco ist im Kommen», sagte der 23-malige Grand-Slam-Turniersieger Djokovic und analysierte in der ersten Turnierwoche ihren Werdegang: «Es braucht Zeit, um dich als kompletter Spieler zu fühlen, so dass du bereit bist, Slams zu gewinnen und das Spiel zu dominieren. Sie ist sehr nah dran an diesem Level. Deshalb habe ich große Hoffnungen für sie bei den US Open – und das sollte sie auch haben.»

Was Gauff in New York aufhalten kann? Zumindest der Besuch eines bestimmten Popstars würde sie schwer aus dem Konzept bringen, offenbarte sie: «Definitiv Beyoncé. Falls sie jemals kommen würde, oh mein Gott, ich hoffe, dass sie sich nicht auf dem Bildschirm zeigen. Vielleicht am Ende.»

Von Florian Lütticke, dpa