Wilde Weihnachts-Reiserei: Clemens‘ Fest im Flieger

Weihnachten wird für Gabriel Clemens stressig. Am Donnerstag hetzte das deutsche Darts-Ass schnell in die saarländische Heimat, dann bleiben inklusive Heiligabend gerade einmal zwei volle Tage, bevor es per Flugzeug wieder zurück zur Pfeile-Party in den Londoner Alexandra Palace geht.

«Ich freue mich auf Weihnachten», sagte der zuversichtliche und selbstbewusste Clemens nach seinem erfolgreichen 3:0-Start gegen den ausgebufften Iren William O’Connor. Für Clemens ist es trotz allem Stress das mit Abstand schönste Weihnachtsfest seit Beginn der Pandemie. «Nach zwei Jahren Corona will man doch mal wieder die Familie sehen an Weihnachten.»

Begeisternder Auftakt

Geselligkeit statt Isolation, so wird es diesmal vielen Teilnehmern beim Höhepunkt rund um den Jahreswechsel gehen. Denn im Dezember 2020 und im Dezember 2021 war eine kurzzeitige Reise nach Hause nicht möglich, weil die internationalen Spieler über die Feiertage im Teamhotel bleiben sollten, um sich keinem Infektionsrisiko auszusetzen und vor allem die erneute Einreise nach Großbritannien nicht zu gefährden.

Der «German Giant», wie Clemens in Fachkreisen genannt wird, hat mit seinem Auftakt Aufsehen erregt. Der souveräne Sieg, zwei Finishes mit 132 und 131 Punkten sowie eine positive Körpersprache auf der größten Darts-Bühne der Welt begeisterten und überraschten die Zuschauer im «Ally Pally». «Das ist ein Spiel, wie ich es mir erhofft habe. Ich bin absolut glücklich und froh, sagte der 39-Jährige.

Dass er zum dritten Mal in Serie nach Weihnachten zur WM zurückkehren darf, ist ein Zeichen von großer Konstanz. Nun stellt sich die Frage: Geht es am 27. Dezember (20.15 Uhr/Sport1 und DAZN) gegen Jim Williams aus Wales so weiter wie vor zwei Jahren, als ein sensationeller Sieg gegen Schottlands Weltmeister Peter Wright gelang? Oder geht es so weiter wie vor genau einem Jahr, als es ein deftiges 0:4 gegen den Waliser Jonny Clayton setzte?

Geschätzt in der Szene

Clemens wirkte nach eher ernüchternden Monaten, in denen er nach eigener Aussage «viel Achterbahn» gefahren sei, am Mittwochabend sehr erleichtert. Und als er mit der bevorstehenden dritten Runde und dem zunächst noch offenen Widersacher konfrontiert wurde, sagte er mit einer Mischung aus gesundem Selbstbewusstsein und der von ihm gewohnten Gleichgültigkeit. «Der nächste Gegner ist mir vollkommen egal.» Danach ließ er wissen: Im Zweifel nehme er lieber den stärkeren. Den bekommt er nun – zumindest auf dem Papier – nicht. Ex-Europameister James Wade aus England unterlag Williams.

In der Szene werden Clemens und auch Landsmann Martin Schindler, der am Freitag (20.00 Uhr) gegen Martin Lukeman ins Turnier startet, geschätzt. Weltmeister Wright nennt die beiden «potenzielle zukünftige Major-Sieger» – bisher waren solche Erfolge für den «German Giant» und die Kollegen bei den großen Turnieren noch recht weit weg.

Der 26 Jahre alte Schindler glaubt, dass das auch am großen Druck von außen liegt. «Es ist von der Psyche her gar nicht so einfach, wenn man gefeiert wird, als wäre man der Größte, obwohl man im Darts noch einige Schritte nach oben braucht», sagte Schindler der Deutschen Presse-Agentur. Einige große Schritte sind in den nächsten Tagen in London möglich.

Patrick Reichardt und Marc Niedzolka, dpa