Das nächste frühe Aus in Wimbledon warf Alexander Zverev nicht groß aus der Bahn.
Eine Liebesbeziehung gab es zwischen dem Rasen-Klassiker und Deutschlands bestem Tennisspieler noch nie. Dass das populärste Turnier der Saison ohne ihn in die entscheidende Phase geht, hakte Zverev schnell ab. Die Zuversicht ließ sich der Olympiasieger von der Drittrunden-Niederlage gegen den Italiener Matteo Berrettini nicht nehmen.
«Es hat sich jetzt nicht viel geändert. Ich bin weiter sehr positiv, was die nächsten Wochen angeht», sagte Zverev nach dem 3:6, 6:7 (4:7), 6:7 (5:7) gegen den Wimbledon-Finalisten von 2021. «Ich bin nah dran an den Top Ten.»
Rückkehr nach Fußverletzung
Weil er wegen seiner schweren Fußverletzung 2022 in der zweiten Jahreshälfte nicht mehr spielen konnte, hat er nun im Rest der Saison keine Punkte zu verteidigen. Die Rückkehr in die Spitzengruppe des Welttennis ist damit vorgezeichnet, zumal Zverev nach seinem Comeback keine gesundheitlichen Probleme mehr zu haben scheint. In Wimbledon und in den Wochen zuvor wirkte der 26-Jährige fit, gegen Berrettini stimmte auch die Leistung.
Der Italiener schlug an diesem Tag einfach zu gut auf. Einen einzigen Breakball gestattete er Zverev, den dieser gleich im ersten Aufschlagspiel der Partie nicht nutzen konnte. «Ich kann mir heute nicht viel vorwerfen», sagte Zverev, der als letzter der zehn angetretenen deutschen Tennisprofis ausschied. «Ich fand, dass ich eines der besten Matches gespielt habe, die ich hier in Wimbledon in meiner Karriere bislang gespielt habe.»
Zverev kein Wimbledon-Performer
Was nicht schwer ist, weil Zverev in Wimbledon bislang selten überzeugen und dem ungeliebten Rasen noch nie viel Positives abgewinnen konnte. Noch nie ist er im All England Lawn Tennis and Croquet Club über das Achtelfinale hinausgekommen. Wimbledon bleibt damit Zverevs schwächstes Grand-Slam-Turnier. In Melbourne, Paris und New York stand Zverev mindestens schon im Halbfinale, bei den US Open 2020 sogar bereits im Finale. Nur in Wimbledon will es für ihn nicht so recht klappen.
Rund ein halbes Jahr nach der Rückkehr auf die Tennis-Tour nach der schweren Fußverletzung sieht sich Zverev dennoch auf einem guten Weg. «Ja», lautete in der Pressekonferenz seine knappe Antwort auf die Frage, ob er mit der Entwicklung seit seinem Comeback zufrieden sei.
Doch die Tage in Wimbledon warfen auch wieder ein paar Fragen auf. Sicher, die Verzögerungen durch das schlechte Wetter und die fragwürdigen Ansetzungen der Veranstalter waren ein Nachteil für Zverev und zerrten an dessen Nerven. Aber weiter bleibt das Gefühl, dass das Umfeld des gebürtigen Hamburgers nicht professionell genug aufgestellt ist, um sich den Traum vom Grand-Slam-Titel zu erfüllen.
Kritik am Trainerteam
Die harsche Kritik an seinem Trainerteam um Vater Alexander Senior und Bruder Mischa nach dem Zweitrundensieg gegen den Japaner Yosuke Watanuki blieb eine Randnotiz, es drängt sich aber weiter der Eindruck auf, dass Zverev ein Trainer ohne Familienbezug guttun würde. Die Trennung vom Spanier Sergi Bruguera im Vorfeld der French Open wurde in der Szene durchaus mit Verwunderung aufgenommen. Wirklich auf der Rechnung haben Experten und Konkurrenten Zverev aktuell nicht, wenn es darum geht, wer in naher Zukunft das Herren-Tennis bestimmen wird.
Spieler wie Jannik Sinner, Stefanos Tsitsipas oder Holger Rune haben der deutschen Nummer eins den Rang abgelaufen. Ganz zu schweigen vom Weltranglisten-Ersten Carlos Alcaraz aus Spanien, der nun an diesem Montag von Zverev-Bezwinger Berrettini herausgefordert wird. Zverev traut dem Italiener eine Überraschung zu. «Wenn er weiter so spielt und aufschlägt, kann er das Turnier gewinnen.»
Heimspiel in Hamburg
Für ihn selbst steht nach ein paar Tagen Pause in Monte-Carlo ab Mitte Juli das nächste Turnier in seiner Geburtsstadt Hamburg an. «Natürlich freue ich mich darauf», sagte Zverev über die kurze Rückkehr in die Heimat und auf Sand, ehe im August die Hartplatzsaison in den USA mit den US Open (28. August bis 10. September) als Höhepunkt beginnt. «Ich fühle mich gut und bereit für die nächsten Aufgaben, die anstehen», sagte die ehemalige Nummer zwei der Welt. Es bleibt abzuwarten, ob das wirklich der Fall ist.