WM-Premierentor: Lewandowski feiert Sieg gegen Saudi-Arabien

Robert Lewandowski sinnierte mit feuchten Augen über diesen so sehnlichst gewünschten WM-Moment. «Träume meiner frühsten Kindheit wurden erfüllt. Es war so bedeutsam und wichtig für mich», gestand der ungewöhnlich emotionale Lewandowski nach seinem ersten Tor bei einer Fußball-Weltmeisterschaft.

«Schon als ich die Nationalhymne gesungen habe, habe ich die Emotionen gefühlt. Es ist schwierig zu beschreiben, warum das heute so stark war», sagte der 34-Jährige und atmete tief durch. Der Weltfußballer vom FC Barcelona glänzte am Samstag beim 2:0 (1:0) im emotionsgeladenen zweiten Gruppenspiel gegen Saudi-Arabien als Torschütze und Vorbereiter, hatte dazu noch Pech bei einem Pfostentreffer. «Ich war über die Emotionen von Robert nicht überrascht, weil ich weiß, wie lange er es nicht geschafft hat», sagte Coach Czesław Michniewicz.

Erst im insgesamt fünften WM-Spiel glückte der langjährigen Torgarantie des FC Bayern das erste Tor. «Wir freuen uns mit ihm, genauso wie wir auch mit ihm gefühlt haben, als er den Elfmeter gegen Mexiko verschossen hat», sagte der Trainer.

Szczesny hält überragend

An einem für die Polen nervenaufreibenden Fußball-Nachmittag in Al-Rajjan war Torhüter Wojciech Szczesny nicht nur wegen eines gehaltenen Elfmeters der zweite Garant dafür, dass die Chancen auf den ersten Achtelfinal-Einzug seit 36 Jahren gut stehen. Durch das 0:0 gegen Mexiko und den am Ende klaren, aber lange Zeit wackligen Erfolg über den bisherigen Gruppen-Tabellenführer Saudi-Arabien haben die Polen das Weiterkommen gegen Argentinien mit Superstar Lionel Messi am Mittwoch selbst in der Hand.

Ein Punkt reicht sicher für die K.o.-Runde. Polen (4 Punkte) geht als Tabellenführer in den letzten Spieltag vor Argentinien (3), Saudi-Arabien (3) und Mexiko (1). «Wir sind sehr stolz auf uns. Aber wir haben noch ein Spiel in der Gruppe zu spielen», mahnte Lewandowski, der wie Brasiliens Fußball-Legende Pelé nun 77 Tore für seine Nationalmannschaft erzielt hat.

Im stimmungsvollen und recht kühl klimatisierten Education City Stadion war Lewandowski vor 44 259 Zuschauern in vielen Rollen im Einsatz. Er dirigierte, arbeitete mit nach hinten, glänzte als Vorbereiter bei der Führung von Piotr Zielinski (39.) und selbst als Torschütze (82.). Es war zugleich das 2600. Tor in der WM-Geschichte.

Nachdem Szczesny mit einer seiner zahlreichen guten Aktionen erst den Elfmeter von Salem Mohammed Al-Dausari und dann auch noch den Nachschuss von Mohammed Al-Buraik pariert hatte, versuchte der Leader die auf allen Seiten erhitzten Gemüter zu beruhigen. «Ich könnte eine Stunde über ihn reden. Wie er den Ball kontrolliert, wie er sich bewegt, wie er im Strafraum ist – er ist einer der besten Stürmer in der Welt», lobte selbst Hervé Renard, Trainer von Saudi-Arabien.

Saudi-Arabien kämpferisch

Seine Auswahl war über weiter Strecken die bessere Mannschaft, doch sie war gegen ein paar herausragende Einzelkönner nicht effizient genug. «Aber wir sind immer noch am Leben. Wir spielen bis zur letzten Sekunde», beteuerte Renard.

Drei Punkte haben die Saudis nach ihrem 2:1-Auftakterfolg gegen Argentinien auf dem Konto – und können ebenfalls aus eigener Kraft zum zweiten Mal nach 1994 in das Achtelfinale einziehen. Die Anfeuerung einer großen und lautstarken Fangruppe ist dem Team aus dem Nachbarland des WM-Gastgebers gewiss. Gegen Polen war es praktisch ein Heimspiel. Grüne Trikots oder weiße Thaub-Gewänder waren überall auf den Rängen zu sehen. Gepusht von den vielen Fans ließen sich die Saudis hier und da zu etwas Theatralik hinreißen.

Aber an Szczesny kamen sie einfach nicht vorbei. «Er hat einen fantastischen Job gemacht», sagte Renard. Der 32 Jahre alte Torhüter von Juventus Turin wies nach einem Tag voller Großtaten auf die Bedeutung des Erfolges hin. «Dieser Sieg ist sehr wichtig für Polen, weil wir 2006 und 2018 so früh ausgeschieden sind», sagte Szczesny. Er prognostizierte nach dem endlich bewältigten ersten Mal weitere Tore von Lewandowski. «Es ist toll, dass der Druck nun von Roberts Schultern ist. Ich denke, das war nicht sein letztes Tor bei dieser WM.»

Christian Kunz und Patrick Reichardt, dpa