WM-Zweiter mit Zukunftssorgen: Pérez hofft auf Mexiko-Schub

Im schattigen Formel-1-Dasein neben Max Verstappen sehnt sich Sergio Pérez ganz dringend nach der Heimatwärme. «Mexiko im Kopf» hat sich der Red-Bull-Nebendarsteller vor seinem Heimspiel auf den Helm lackieren lassen.

Verfolgt von Zweifeln an seinem Können und seiner Zukunft hofft der Lokalmatador auf eine Sternstunde, um sein Cockpit für 2024 nicht doch noch zu verlieren. «Mexiko ist das wichtigste Wochenende meiner Saison», ließ Pérez vor dem Grand Prix am Sonntag (21.00 Uhr/Sky) verlauten. 

Zwar kommt der 33-Jährige als WM-Zweiter ins Autódromo Hermanos Rodriguez, auf dem die zehntausenden Zuschauer vor allem ihm zujubeln wollen. Doch Pérez steckt seit Monaten derart im Formtief, dass die Spekulationen um eine Ablösung oder gar einen Rücktritt Rennen für Rennen durch das Fahrerlager schwirren. «Ich lache nur darüber. Es gibt nichts, was ich machen könnte. Ich konzentriere mich voll auf meine Arbeit», beteuerte der Routinier.

Die Zahlen aber sprechen gegen ihn. Nach einem starken Auftakt mit zwei Siegen in den ersten vier Rennen geriet der von allen nur «Checo» genannte Pérez nach der Enttäuschung von Miami aus der Spur. Von der Pole Position gestartet, musste er damals ohnmächtig miterleben, wie Teamgefährte Verstappen von Platz neun zum Sieg fuhr – und die nächsten neun Rennen auch gewann. Schnell wieder vorbei war es mit dem Traum vom Titel.

Gerüchte um Pérez-Verbleib

240 WM-Punkte hat Pérez in diesem Jahr bisher gesammelt, Triple-Weltmeister Verstappen bringt es bereits auf 466. «Der Abstand ist momentan einfach zu groß», sagte Red-Bull-Berater Helmut Marko unlängst. Im Unmut über die Formschwäche des Südamerikaners ließ sich der 80 Jahre alte Österreicher sogar öffentlich zu einer rassistischen Bemerkung hinreißen, für die er trotz eiliger Entschuldigung vom Weltverband verwarnt wurde.

Vor allem bei der Startplatzjagd tut sich Pérez enorm schwer und gerät so immer wieder ins Hintertreffen. Wäre Lewis Hamilton nicht zuletzt in Texas als Zweiter disqualifiziert worden, wäre das Polster von Pérez auf den Mercedes-Star auf 19 Zähler geschrumpft.

Schon hieß es in der Gerüchteküche, der Mexikaner dürfe nur bei Red Bull bleiben, wenn er WM-Platz zwei nicht in den verbleibenden vier Saisonläufen noch verliert. Noch nie war es dem Team gelungen, am Ende einer Saison die ersten beiden Ränge der Fahrerwertung zu belegen. «Diese Vorgabe gibt es nicht, das stand nie zur Debatte», versicherte Teamchef Christian Horner in Austin. 

Ein paar Tage zuvor hatte der Brite allerdings noch gesagt: «Das geht so nicht mehr, dieser große Unterschied zwischen Max und ihm.» Für 2024 erwartet Red Bull, dass die Konkurrenz deutlich näher rückt. Da braucht es einen starken zweiten Mann neben Verstappen, damit der für die Geldverteilung wichtige Erfolg in der Konstrukteurswertung nicht in Gefahr gerät. 

Teamchef Horner: «Wir haben sicherlich genügend Optionen»

Hier wiederum beginnt Red Bulls Dilemma. Denn eine deutlich bessere Alternative zu Pérez hat der Rennstall im eigenen Haus derzeit nicht. Daniel Ricciardo (34) vom Partnerteam Alpha Tauri wäre mit seinem Ruf als Grand-Prix-Sieger und seinem berühmten Grinsen wohl gut für die Vermarktung, hat sportlich aber wenig Argumente. Sein Teamkollege Yuki Tsunoda (23) und Ersatzfahrer Liam Lawson (21) sind kaum reif genug für den Platz an Verstappens Seite und dürften vom Niederländer deklassiert werden.

«Groß» sei das Interesse auch anderer Piloten am zweiten Red-Bull-Cockpit, ließ Teamchef Horner durchblicken. «Wir haben sicherlich genügend Optionen und auch genug Zeit, um uns das anzuschauen und zu evaluieren», sagte der 49-Jährige.

Wie schwer der Stand von Pérez im Weltmeister-Team ist, haben auch seine Getreuen bemerkt. In Austin überschüttete die große mexikanische Fangemeinde ihren Liebling mit Zuneigung – und pfiff und buhte seinen Stallrivalen Verstappen aus. Das wiederum ist dem Gemütsmenschen Pérez dann auch nicht recht. «Ich will, dass ihr kommt und das ganze Red-Bull-Team unterstützt, nicht nur mich», sprach Pérez, wie es sich für einen guten Gastgeber in Mexiko gehört.

Christian Hollmann, dpa