Worracks Traum mit fast 40: Abschiedstour als Edelhelferin

Damit hatte Trixi Worrack nicht mehr gerechnet. «Mir fehlen etwas die Worte», sagte die gewöhnlich ohnehin immer etwas wortkarge Radsportlerin. Kurz zuvor hatte die 39-Jährige erfahren, dass sie im Spätherbst ihrer Karriere zum fünften Mal bei Olympischen Spielen dabei ist.

«Mit dieser Nominierung hatte ich wirklich nicht erwartet, zumal ich diese Saison keine Ergebnisse habe. Aber es wurde gesehen und anerkannt, welche Arbeit ich geleistet habe und dass ich gut gefahren bin», freut sich Worrack über die Wertschätzung zum Abschluss ihrer über 20-jährigen Radprofi-Karriere.

Road-Captain im Straßenrennen

«Trixi bringt sehr viel Erfahrung mit und hat ein Auge für die Rennsituationen», sagt Frauen-Bundestrainer André Korff über seinen Road-Captain für das Frauen-Straßenrennen am Sonntag. Neben der Wahl-Erfurterin setzt Korff auf dem schweren Kurs mit Ziel auf dem Fuji Speedway auf Liane Lippert (Friedrichshafen), Hannah Ludwig (Traben-Trabach) und Lisa Brennauer (Durach). Die Ex-Weltmeisterin soll möglichst eine Medaille gewinnen – mit Hilfe Worracks.

Seit mehr als 20 Jahren gehört sie zur Nationalmannschaft. 1998 gewann die damals 16-Jährige die Junioren-WM. Von 2000 bis 2020 gehörte Worrack 20 Mal zum deutschen Elite-WM-Team, fehlte nur 2019. 2006 in Salzburg belegte sie im Straßenrennen den zweiten Platz. Zwischen 2012 und 2018 gewann Worrack fünfmal den WM-Titel im Mannschaftszeitfahren. Vor allem erarbeitete sich das 1,60 Meter große Energiebündel aber den Ruf als zähe und zuverlässige Teamplayerin.

«Für mich geht es in Tokio nicht um Gold, Silber oder Bronze, ich bin als Helferin dort. Das mache ich auch in meinem Team – und habe damit kein Problem», sagt Worrack, die zuletzt einen großen Rennblock mit Thüringen-Rundfahrt, Tour de Suisse, deutscher Meisterschaft und Belgien-Rundfahrt absolviert hat und sich die letzten Tage vor der Abreise in Thüringen vorbereitet hat. «Klasse wäre natürlich eine Medaille für uns. Ich möchte dafür so lange und so gut wie möglich helfen – dann wäre ich zufrieden», sagt Worrack.

Olympia zum fünften Mal

Für Worrack geht es nach Athen, Peking, London und Rio de Janeiro zum fünften Mal zu den Olympischen Spielen. Dabei hatte die aus Dissen im Spreewald stammende Radsportlerin Ende 2020 eigentlich ihre Karriere beenden wollen, verlängerte aber nach den Corona-Wirren ihren Vertrag bei Trek-Segafredo bis Ende 2021. Mitte August ist sie für den US-Rennstall bereits wieder bei der Norwegen-Rundfahrt eingeplant.

2016 wäre Worracks Karriere indes fast schon unfreiwillig geendet. Bei einem Frühjahrs-Rennen in Italien stürzte sie schwer, eine Niere musste in einer Notoperation entfernt werden. Schon wenige Wochen später saß Worrack wieder im Sattel und qualifizierte sich für die Olympischen Spiele in Rio. «Der Unfall war ein Schock. Du merkst brutal, wie schnell alles vorbei sein kann. Aber so wollte ich meine Laufbahn als Radsportlerin nicht beenden. Es hat geklappt. Und es war sehr emotional – nach der Vorgeschichte Olympia zu sehen», sagte Worrack in einem Interview der «Thüringer Allgemeine».

Mit Ablauf der Saison will Worrack als Trainerin arbeiten und sich um den Frauenradsport kümmern. Dann hat sie auch deutlich weniger Reisestress und kann sich mehr um ihre Familie kümmern. Seit zwei Jahren ist sie mit Scarlett verheiratet, im April brachte ihre Frau Tochter Fidi zur Welt. Einmal geht es aber noch auf ganz große Reise. «Auch wenn ich schon lange dabei bin: Olympische Spiele sind etwas ganz besonders und ich würde lügen, wenn ich sage, ich bin nicht aufgeregt. Das wird ein richtig schöner Abschluss – ich finde es richtig cool.»

Von Thomas Juschus, dpa