Max Hartung kann meisterlich wie kaum ein anderer Athlet auf der Welt mit dem Säbel fechten, beherrscht zugleich aber auch die Kunst, als Sportpolitiker kräftig damit zu rasseln.
Bei den Olympischen Spielen in Tokio wird er die Abschiedsvorstellung als Fechter geben und danach auch sein Engagement als Präsident der Vereinigung Athleten Deutschland beenden. «Das wird ein entscheidender Umbruch in meinem Leben. Es ist das Karriereende: Zack bumm», sagte 31 Jahre alte Ausnahmekönner aus Dormagen.
Ziel Gold
Vor seinem doppelten Rückzug will er seine Laufbahn noch mit einer olympischen Medaille, möglichst in Gold, krönen. Mit «einem Kracher» wolle er aufhören, betonte Hartung. Mit der Säbelmannschaft wurde er 2014 Welt- und zweimal Europameister (2015/2019). Im Einzel kommen zwei EM-Titel (2018/2017) und WM-Bronze (2015) hinzu. Insgesamt war der gebürtige Aachener an 13 Medaillen bei EM und WM beteiligt. Nun soll das Meisterstück sein Fechter-Glück zum Abschluss vollenden.
Nicht ausgeschlossen ist sogar ein doppelter Coup. Als Solist geht Hartung beim Medaillenkampf am Samstag ebenso als Mitfavorit in die Gefechte, wie danach mit dem Team. Noch einmal will er mit der eingeschworenen Säbel-Gemeinschaft, zu der ebenso Matyas Szabo, Benedikt Wagner und Richard Hübers gehören, noch einmal zeigen «wie gut wir fechten können», sagte Hartung. Vor der EM vor zwei Jahren in Düsseldorf hatte das Quartett es mit dem EM-Triumph bewiesen. Bundestrainer Vilmos Szabo ist überzeugt, dass sein Vorzeigeteam sogar «viel besser» als vor der Pandemie ist.
Max Hartung hat aber nicht nur Erfolge auf der Fecht-Planche gefeiert, sondern auch auf dem sportpolitischen Parkett. Nachdem er Vorsitzender der Athletenkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes geworden war, erkannte er, dass die Interessen ohne eine professionelle Organisation und das Mitspracherecht nicht effektiv wahrgenommen werden können. Auf seine Initiative und dank der finanziellen Unterstützung durch den Bund wurde 2017 der Verein Athleten Deutschland gegründet, deren Präsident er wurde.
Dritte Sommerspiele
Auch bei seinen dritten Sommerspielen nach 2012 und 2016 konzentriert er sich nicht nur auf seine ehrgeizigen sportlichen Ziele, sondern ficht nebenbei auch für die Interessen der Athleten. Nach wie vor ist er der Überzeugung, dass die Hauptdarsteller der Olympischen Spiele direkt am Gewinn des Internationalen Olympischen Komitees in Milliarden-Höhe beteiligt werden müssen. «Wir streiten weiter für eine faire ökonomische Beteiligung», bekräftigte Hartung.
Weitergehen werde auch der Kampf für die Meinungsfreiheit der Sportler, obwohl das IOC auf «Druck der Athleten reagiert und erste Protestmöglichkeiten» in Tokio eingeräumt habe. Alles andere als annehmbar empfindet er zudem, dass das IOC von den Olympia-Startern in Tokio verlangt hat, eine Klausel zu unterschreiben, auf eigenes Risiko an den (Pandemie)-Spielen teilzunehmen. «Wenn per Haftungsausschluss viele der Risiken auf uns Sportler abgewälzt werden, wiegt die Verantwortung des IOC umso schwerer, sichere Spiele auszurichten», kritisierte Hartung.
Zugleich fordert er, dass man bei den Tokio-Spielen mit vielen Unsicherheiten auf die Medaillenzählerei verzichtet. «Bei diesen Olympischen Spielen sollte man weniger auf die Rekorde und Erfolge, als auf die persönlichen Geschichten der Sportler schauen», sagte er. «Trotzdem werde ich mein Bestes geben und freue mich auf den Wettkampf.»
Geschäftsführer der Sportstiftung NRW
Vieles von dem, was er initiiert und auf den Weg gebracht hat, müssen nun seinen Nachfolger – im Fechten wie in der Athletenvertretung – fortsetzen. Am 1. September wird der studierte Politologe, Soziologe und Wirtschaftsfachmann Geschäftsführer der Sportstiftung Nordrhein-Westfalen. «Es ist eine große Aufgabe und Chance, die mir gegeben wird und genial, weil ich mich weiter für die Sportler einbringen kann», sagte Hartung.
Deshalb werde er sein Präsidentenamt bei Athleten Deutschland im Herbst aufgeben. «Dann heißt es: Einmal zurück auf Los!», sagte er und schaute schon mal zufrieden zurück: «Das Fechten hat mich so etwas von geprägt als Person. Ich kann mir nicht vorstellen, was ich wäre, ohne diese Karriere.»