Mit dem Regenchaos hatten Angelique Kerber und Alexander Zverev bei ihren erledigten ersten Tennis-Pflichtaufgaben in Wimbledon kaum etwas zu tun.
Weil ihre Matches auf dem mit einem Dach ausgestatteten Platz eins angesetzt waren, konnten die beiden besten deutschen Tennisprofis beim Grand-Slam-Klassiker relativ problemlos in die zweite Runde einziehen. Kerber und Zverev hatten es nach ihrem jeweiligen Einzug in die zweite Runde des Rasenklassikers wegen des Fußball-Krachers zwischen England und Deutschland eilig.
«Ihr habt noch zehn Minuten, dann muss ich los», witzelte Zverev auf die Fragen zum EM-Achtelfinale, das er in größerer Runde schauen wollte. Mit dem 6:3, 6:4, 6:1 gegen den niederländischen Qualifikanten Tallon Griekspoor hatte der Hamburger seine erste Partie so schnell wie möglich erledigt. Kerber hatte ihren 6:4, 6:3 gegen die Serbin Nina Stojanovic erst kurz vor dem Anpfiff sicher.
«Alle deutschen Jungs kommen zu mir – außer Struffi, der muss ja spielen», verriet Zverev. Jan-Lennard Struff hat dann seine Auftaktpartie verloren und ist ausgeschieden. Die Nummer zwei der deutschen Tennis-Herren musste sich dem an Position zwei gesetzten Daniil Medwedew 4:6, 1:6, 6:4, 6:7 (3:7) geschlagen geben. Beim Vorbereitungsturnier im westfälischen Halle war Struff kürzlich noch ein überraschender Sieg gegen den Russen gelungen.
Oscar Otte hat sich mit einem Sieg in einem Marathon-Match über zwei Tage ein reizvolles Wimbledon-Duell gesichert. Der 27-Jährige rang in der kurzen Fortsetzung seiner Erstrundenpartie den Franzosen Arthur Rinderknech 4:6, 6:3, 6:2, 6:7 (5:7), 13:12 (7:2) nieder. Damit fordert Otte in der zweiten Runde den zweimaligen britischen Wimbledon-Sieger Murray heraus.
Wegen der einbrechenden Dunkelheit war das Duell zweier Qualifikanten nach 3:38 Stunden beim Stande von 9:9 im fünften Satz abgebrochen worden. Bei 12:12 im entscheidenden Durchgang wurde am Dienstag ein Tiebreak gespielt. Die Partie dauerte insgesamt 3:57 Stunden.
Beendet ist das Turnier nach einer Verletzungsaufgabe auch für Altstar Serena Williams, der ebenfalls 39-jährige Roger Federer profitierte indes von einer Aufgabe.
«Dinge gehen zurück zum Normalen»
Zverev glänzte vor allem mit seinem Aufschlag und geriet nie in Gefahr. Eine kurze Regenunterbrechung brachte ihn ebenfalls nicht aus dem Tritt. «Ich wollte das Match so schnell wie möglich gewinnen, damit ich auch Zeit habe für den Fußball habe danach», sagte Zverev. In einem Gruppenchat wurde er schon während der Partie ein wenig angefeuert, er solle sich beeilen. Das tat Zverev und legte diesmal ein glatten Start in ein Grand-Slam-Turnier hin. Nächster Gegner ist der Amerikaner Tennys Sandgrender, der mit 6:4, 6:7 (5:7), 6:1, 6:3 gegen den Slowaken Norbert Gombos gewann.
Schon der Moment, als er auf den Platz kam, habe ihn glücklich gemacht, sagte Zverev beim Interview auf dem Platz Nummer 1 zu den Fans, die in London zurückkehren dürfen. «Die Dinge gehen zurück zum Normalen», stellte er erfreut fest. Zverev fand schnell seinen Rhythmus. Mit guten Aufschlägen, Netzattacken und solidem Tennis von der Grundlinie dominierte der 24-Jährige das Match gegen Griekspoor.
Regen bereitet Probleme
Nach dem ersten Satz, vor dessen Ende Zverev sein Service doch einmal abgab, bat der lange Norddeutsche um eine Unterbrechung, weil Regentropfen den Rasen rutschig machten. Zunächst wurde trotzdem weitergespielt, dann wurde das Dach doch geschlossen und mit etwas Verzögerung machte Zverev das 2:0 im zweiten Durchgang perfekt. Einen erneuten Aufschlagverlust und einen Sturz steckte er danach weg.
Gegen den mutiger werdenden Griekspoor konnte sich Zverev jederzeit auf seinen starken und auf Rasen äußerst wirksamen Aufschlag verlassen. Ein schnelles Break auch zum Beginn des dritten Durchgangs und ein weiteres zum 4:1 waren praktisch schon die Entscheidung.
Qualifikant Daniel Masur verlor seine Erstrundenpartie gegen den Südkoreaner Kwon Soon Woo 7:6 (7:2), 3:6, 4:6, 4:6. Das Match war am Vorabend wegen der einbrechenden Dunkelheit nach dem ersten Satz abgebrochen worden. Der Münchner Masur verpasste mit der Niederlage einen deutschen Vergleich mit Dominik Koepfer.
Auch Tennis-Routinier Philipp Kohlschreiber ist bei seiner 16. Wimbledon-Teilnahme gleich in der ersten Runde ausgeschieden. Der 37 Jahre alte Augsburger unterlag dem an Nummer zehn gesetzten Kanadier Denis Shapovalov in fünf Sätzen und nach einer langen Regenpause 4:6, 6:4, 3:6, 7:5, 4:6. Zuletzt hatte Kohlschreiber bei den French Open mit dem Einzug in die dritte Runde überrascht.
Bei den Damen Kerber weiter
Kerber hatte direkt nach ihm Platz 1 betreten, aber anders als der Weltranglisten-Sechste einen schwachen Start erwischt. 0:3 lag die ehemalige Nummer eins der Welt gegen Stojanovic zurück. Erinnerungen an ihre Erstrunden-Pleiten bei den vergangenen drei Grand-Slam-Turnieren kamen aber nur kurz auf. Nachdem sie sich mit einem Netzroller den ersten Spielgewinn gesichert hatte, kam die Kielerin besser in ihre Erstrundenpartie. «Am Anfang war es ein bisschen eine Zitterpartie», meinte Kerber.
Drei Matchbälle nacheinander ließ sie bei 5:3 im zweiten Satz zunächst noch aus. Den vierten nutzte sie. «In den letzten Punkten war ich ein bisschen nervös. Ich denke, es war eine solide erste Runde», bilanzierte die 33-Jährige: «Natürlich ist es gut, dass ich nicht wieder erste Runde verloren habe.» Sie bekommt es nun mit Ana Konjuh aus Kroatien oder Sara Sorribes Tormo aus Spanien zu tun.
Am Samstag zuvor hatte die Weltranglisten-28. in Bad Homburg den ersten Titel seit ihrem Wimbledon-Triumph vor drei Jahren gefeiert und damit reichlich Selbstvertrauen gesammelt. Ob sie sich einen Coup wie 2018 zutraue, wurde sie jetzt bereits gefragt. «Ich habe alles gegeben, um bereit zu sein. Aber so weit schaue ich nicht nach vorne», beschwichtigte Kerber, schwärmte aber auch: «Es ist ein magischer Ort.» Fußball wollte sie dann auf jeden Fall noch gucken. «Ich werde mich gleich zu meinem Team gesellen, die schauen nämlich schon.»
Als zweite deutsche Tennisspielerin erreichte Andrea Petkovic die zweite Runde. Die Darmstädterin siegte nach einer langen Regenunterbrechung auf Außenplatz 16 gegen die Italienerin Jasmine Paolini 6:4, 6:3. Die 33-Jährige spielt nun gegen French-Open-Siegerin Barbora Krejcikova aus Tschechien um den Einzug in die dritte Runde und freut sich nach eigenen Worten darauf. Die 25 Jahre alte Krejcikova hatte in Paris überraschend die Titel im Einzel und Doppel geholt. In Wimbledon steht sie zum ersten Mal im Hauptfeld.
Aus für Barthel
Bei den anderen Damen schied zuvor nach Laura Siegemund auch Mona Barthel aus. Die Neumünsteranerin verlor 7:6 (7:2), 3:6, 3:6 gegen die Chinesin Zhu Lin. Barthels Spiel sollte eigentlich auch schon am Auftakttag stattfinden, wurde wegen Regens aber verschoben. Auch am zweiten Turniertag sorgte der Regen wieder für lange Unterbrechungen und abgesagte Partien.
Die Weltranglisten-Erste Ashleigh Barty hingegen hat nach einem Satzverlust die zweite Runde erreicht. Die 25 Jahre alte Australierin setzte sich beim Rasenturnier in London gegen Carla Suarez Navarro 6:1, 6:7 (1:7), 6:1 durch. Barty trifft damit in der zweiten Runde auf Anna Blinkowa aus Russland oder Timea Babos aus Ungarn. Die Spanierin Suarez Navarro hatte bei den French Open in Paris ein bemerkenswertes Comeback gefeiert. Die 32-Jährige war nach einer Krebserkrankung auf die Tennis-Tour zurückgekehrt und will ihre Karriere am Ende der Saison beenden.