Zwietracht in Deutscher Eislauf-Union

Harmonie und Teamarbeit zwischen den Partnern auf Schlittschuhen sind Erfolgskriterien im Eiskunstlauf. Die Deutsche Eislauf-Union (DEU) darf hingegen für die Art und Weise der Suche nach einer neuen Führung keine Traumnote erwarten.

«Ich liebe diesen Sport und bin bereit, Engagement zu zeigen, aber ich werde es nicht über ein Maß hinausführen, das mir nicht mehr gut tut», sagte Larissa Vetter. Die Notfallmedizinerin aus Ludwigshafen war am 10. September auf der Mitgliederversammlung in München zur neuen Präsidentin gewählt worden, hatte die Annahme des Amtes aber abgelehnt.

Ob sie auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 29. Oktober in Dortmund noch einmal antreten wird, ist offen. «Entschieden habe ich mich aber noch nicht», sagte die einstige DEU-Verbandsärztin. «Ich bin etwas emotionalisiert, weil ich gedacht habe, wir können an einem Strang ziehen. Das war eben nicht so», sagte Vetter. Sie habe Schwierigkeiten erwartet, «aber dass sie so groß sein» würden, sei ihr nicht bewusst gewesen.

Was ist in München passiert? Zusammen mit Benjamin Blum und Tobias Bayer als Vizepräsidenten-Kandidaten hatte sie sich entschlossen, gegen Stefan Steinmetz, Andreas Wagner und Ex-Spordirektor Udo Dönsdorf anzutreten. Beide Trios wollten eigentlich geschlossen gewählt werden. Doch bei der Abstimmung über die Vizepräsidenten setzte sich Andreas Wagner vom Konkurrenz-Team gegen Bayer durch.

«Es war kein sturer Dogmatismus, deshalb haben wir im Sinne der Mitglieder erwogen, in der gewählten Konstellation (mit Herrn Wagner) es zu versuchen, wenn der Gegenwind uns nicht abgeschreckt hätte», erklärte Vetter.

DEU vor schwerer Zukunft

Vor den Wahlen hatte die Geschäftsführung den Finanzbericht vorgestellt und betont, wie schwierig es in Zukunft für die DEU werden würde. Daraufhin habe sich laut Vetter der seit 2006 amtierende Präsident Dieter Hillebrand zu Wort gemeldet und gemahnt, dass sich die Mitglieder vor dieser Herausforderung bei der Wahl genau überlegen sollten, welche Konsequenzen drohen würden.

«Außerdem hat er verkündet, dass die Geschäftsführung nicht weiter zur Verfügung stehen würde, wenn nicht das ursprüngliche Trio gewählt werden würde», berichtete sie. «Es war in meiner Wahrnehmung eine Art von Einschüchterung. Damit habe ich nicht gerechnet.»

Dem neu gewählten Präsidium wäre von der Geschäftsführung «mit Ansage» die Zusammenarbeit verweigert worden. «Mindestens infrage» gestellt habe Sportdirektorin Claudia Pfeifer eine Kooperation. «Da es sich um eine nicht öffentliche Sitzung handelt, bitte ich um Verständnis, dass ich Ihre Fragen nicht beantworten werde», teilten DEU-Geschäftsführer Alexander Wetzel und die Sportchefin auf dpa-Anfrage im gleichen Wortlaut zunächst mit.

In einem verbandsinternen Newsletter vom Freitag wurden die Mitglieder der DEU von Wetzel mit Bezug auf das Wahlergebnis jedoch getadelt. «Inwieweit dabei die Mitglieder den Ernst der Lage erkannt haben, ist nach der Wahl eher fraglich», schrieb er. Auch der eindringliche Appell des Präsidenten Hillebrand habe «offensichtlich seine Wirkung» auf die Präsidiumswahl verfehlt.

Ohne Prüfung der Eignung durch die eingesetzte Findungskommission und unwissend über die Tragweite und Verantwortung, die ein Präsidiumsamt mit sich bringe, seien junge Kandidaten kurzfristig ins Rennen geschickt worden. «Natürlich blieb es nicht verborgen, dass hinter den Kulissen im Vorfeld der Wahl die Strippen gezogen wurden, und zwar so, wie man das auch aus der Politik kennt», klagte Wetzel.

«Bleibt nur zu hoffen, dass die Mitglieder bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 29. Oktober in Dortmund den Appell unseres Präsidenten, nämlich: – Was auch immer du tust, mach‘ es mit Vernunft und bedenke, wohin es führt – bis dahin verstanden haben.»

Entsetzt ist Vizepräsident Reinhard Ketterer, der zusammen mit Florian Gerlach und Hillebrand bis zur Mitgliederversammlung Ende Oktober im Amt bleibt, über das Geschehen. «Die drei jungen Kandidaten um Larissa Vetter sind ein echter Glücksfall für die DEU», sagte der Berliner. «Ich stehe zu hundert Prozent hinter ihnen.» Das derzeitige Führungstrio hatte sich nicht zur Wiederwahl gestellt.

Von Andreas Schirmer, dpa