Zwischen Uberragend und rätselhaft: Wolffs zwei Gesichter

War das jetzt der echte Andreas Wolff? Der fast zwei Meter große Handball-Hüne, der mit seinen Paraden einen Gegner zur Verzweiflung bringt.

Den seine eigenen Reflexe wie beim 34:26 im Hinspiel um das WM-Ticket gegen die Färöer dermaßen anstacheln, dass er danach immer besser wird. So wie schon im glanzvollen Finale der Europameisterschaft 2016.

Oder ist Andreas Wolff eher der Nationaltorwart, der er in den Jahren danach auch war? Einer mit unbeständigen Leistungen, die ihn selbst mehr ärgern als seine Trainer. Ein Typ, über den nicht nur die Öffentlichkeit manchmal den Kopf schüttelte, weil er mit forschen und unbedachten Aussagen selbst eigene Teamkollegen kritisierte. Andreas Wolff könnte selbst Antworten auf diese Fragen geben. Doch seit einiger Zeit spricht der 31-Jährige nach Länderspielen nur noch ganz selten mit Reportern.

Lob von Mitspielern und Coach

Dafür reden andere, und sie sagten nach dem Erfolg gegen die Färöer am Mittwoch in Kiel fast alle das gleiche. «Andy hat super gehalten», fand Kapitän Johannes Golla. «Andy Wolff hat sehr gut gehalten», meinte Bundestrainer Alfred Gislason. Auch Peter Bredsdorff-Larsen, der Coach des Gegners, sagte anerkennend: «Die 18 Paraden von Andy Wolff waren entscheidend.» Tatsächlich lässt sich vor dem Rückspiel beim krassen Außenseiter am Samstag (20.00 Uhr/zdfsport.de) in Torshavn festhalten: Ohne den überragenden Wolff wäre es viel knapper ausgegangen.

Dass sich die Mannschaft mitten im Umbruch befindet, wurde selbst gegen ein international eher drittklassiges Team wie die Färöer deutlich. In der Abwehrzentrale passten die Absprachen nicht immer, zudem unterliefen im Angriff (zu) viele technische Fehler. Hätte Wolff die Gegenstöße der Gäste nicht immer wieder mit seinen Paraden abgewehrt, wäre der Druck für die DHB-Auswahl nun deutlich größer. So scheint das Ticket für die Weltmeisterschaft im Januar in Polen und Schweden nun so gut wie sicher. Auch dank Wolff.

Steiler Aufstieg nach EM 2016

Dass er schon bei der EM 2016 mit herausragenden Leistungen geglänzt hatte, beförderte seinen steilen Aufstieg. In den Tagen nach dem Turnier in Polen war Wolff ein gefragter Mann, und er beantwortete alle Fragen gern. Er ging bereitwillig in TV-Shows, ließ sich bei einem Spaß-Duell mit Fußball-Nationaltorwart Manuel Neuer filmen – und im Sommer 2016 folgte schließlich der Wechsel zum THW Kiel. Alles schien bereitet für eine große Karriere. Doch beim Rekordmeister kam Wolff nie über die Rolle der Nummer zwei hinaus. 2019 wechselte er zum polnischen Topclub Kielce.

Auch dort spielte er mal herausragend, mal weniger gut und dann wieder stark. Ähnlich wie im Nationalteam. Wer ist also jetzt der echte Andreas Wolff? Einer, der «erwachsener geworden» sei, hatte Gislason vor der Europameisterschaft im vergangenen Winter gesagt. Wolff reiste in guter Form zum Turnier, als einer der erfahrensten Akteure sollte er zum Rückhalt der jungen Mannschaft werden. Kurz vor Ende der Vorrunde stoppte ihn Corona. Wozu er fähig ist, konnte er dann nicht mehr zeigen.

Von Nils Bastek, dpa